Ein Hartz-IV Empfänger begehrt von der ARGE, später vor Gericht einen Sonderbedarf für die Anschaffung rechtswissenschaftlicher Literatur in Höhe von 1.318 EUR. Mit Urteil wurde dieses Begehren abgelehnt.

Der Sachverhalt

Ein Hartz-IV Empfänger begehrt von der ARGE, später vor Gericht einen Sonderbedarf für die Anschaffung rechtswissenschaftlicher Literatur in Höhe von 1.318 EUR. Aufgrund der gegen ihn ergriffenen Maßnahmen wie Sanktionen und Eingliederungsvereinbarungen müsse er sich zur Wehr zu setzen können. Dazu benötige er entsprechende Literatur.

Die ARGE lehnte den Antrag ab. Dieser Sonderbedarf gehöre nicht zu den unabweisbaren, laufenden und besonderen Bedarfen im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) (Urteile vom 9. Februar 2010,1 BvL 1, 2 und 4/09). Er könne im Internet recherchieren oder die kostenlose Beratung bei der ARGE in Anspruch nehmen. Auch bestünde die Möglichkeit der kostenlosen Beratung auf Beratungsschein im Rahmen der Prozesskostenhilfe.Sie seien mit der Regelleistung pauschaliert abgedeckt.

Der Hartz-IV Empfänger erhob Klage. Er vertrat die Ansicht, dass er sich nicht auf eine Rechtsberatung durch einen Rechtsanwalt verweisen lassen müsse. Die benötigte rechtswissenschaftliche Literatur sei unabweisbar zur Verteidigung seiner Menschen- und Grundrechte.

Das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt

Nach Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt läge kein unabweisbarer besonderer Bedarf vor, der für ein menschenwürdiges Existenzminimum erforderlich sei. Die gewünschte Literatur müsse aus der Regelleistung finanziert werden. Aus dem Urteil geht hervor, dass die Nichtanschaffung von Rechtsliteratur den Kläger nicht in eine derartige Notlage bringe. Zur Gewährleistung rechtlicher Waffengleichheit stünden dem Kläger ausreichende Instrumente zur Verfügung. Der Rechtsweg sei kostenlos, die Behörden und Gerichte seien der Amtsermittlungspflicht unterworfen und hätten den Sachverhalt unabhängig vom Vortrag der Betroffenen zu ermitteln sowie das geltende Recht hierauf anzuwenden.

Für den Kläger bestehe auch die Möglichkeit, Beratungshilfe und Prozesskostenhilfe in Anspruch zu nehmen. Ferner könne der Kläger auf die Recherche in öffentlichen Bibliotheken, Internetportalen u.a. verwiesen werden. Entstehende Kosten könnten bei Obsiegen in einem Rechtsstreit geltend gemacht werden. Festzustellen sei auch, dass der Kläger sich bislang ohne finanzielle Hilfe ausreichend verteidigen habe können.

Hintergrund Mehrbedarf:

Nach dem SGB II werden - neben den Unterkunftskosten - die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Form einer Pauschale (derzeit 374 € für Alleinstehende) bewilligt. Nur ausnahmsweise ist ein Mehrbedarf anzuerkennen, wenn im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht. Dieser muss der Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweichen (§ 21 Abs. 6 SGB II).


Gericht:
Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 21.06.2012 - L 5 AS 322/10

Vorinstanz:
Sozialgericht Magdeburg, 29.07.2010 - S 2 AS 1225/10

LSG Sachsen-Anhalt, PM Nr. 009/2012
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