Das Landgericht Köln hat entschieden, dass die Herausgabe der bestimmten IP-Adressen zuzuordnenden Namen und Anschriften, wegen Ansehens eines Streaming-Videos auf der Plattform www.redtube.com, hätte nicht entsprochen werden dürfen.

In vier Beschlüssen vom 24.01.2014 hat eine Zivilkammer des Landgerichts Köln Beschwerden von Anschlussinhabern stattgegeben, die von der "The Archive AG" wegen Ansehens eines Streaming-Videos auf der Plattform www.redtube.com abgemahnt worden waren.

Die Kammer hat die Abweichung von ihrer ursprünglichen Entscheidung damit begründet, dass im Antrag der "The Archive AG" (Antragstellerin) von Downloads die Rede war, während es sich tatsächlich - wie sich später herausstellte - um den Abruf von Videos auf einer Streaming-Plattform handelte.

Zusammenfassung

Ein bloßes Streaming einer Video-Datei bzw. deren Ansehen mittels eines Streams stellt im Gegensatz zum Download nach Auffassung der Kammer aber grundsätzlich noch keinen relevanten rechtswidrigen Verstoß im Sinne des Urheberrechts, insbesondere keine nur dem Urheber erlaubte Vervielfältigung gemäß § 16 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) dar. Da es um Streaming ging, war zudem unklar geblieben, wie das eingesetzte Ermittlungsprogramm in der Lage war, die IP-Adresse desjenigen zu erfassen, der einen Stream von dem Server des Anbieters www.redtube.com abruft. Auch nach einem Hinweis der Kammer im Rahmen des Beschwerdeverfahrens hatte die Antragstellerin die Frage unbeantwortet gelassen, wie das Programm in diese zweiseitige Verbindung eindringen konnte.

Aus dem Beschluss des Landgericht Köln (Az. 209 O 188/13)

[...] Der Beschwerdeführer ist durch die gestattete Auskunftserteilung in seinen Rechten aus Art. 10 GG verletzt worden, weil die Voraussetzungen des § 101 Abs. 9 UrhG nach nochmaliger Prüfung der Sach- und Rechtslage und unter Berücksichtigung der nach Erlass der Entscheidung bekanntgewordenen Umstände nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden sind.

Denn § 101 Abs. 9 UrhG setzt unter anderem voraus, dass die Rechtsverletzung of-fensichtlich ist. Dies folgt daraus, dass ein Antrag nach § 101 Abs. 9 UrhG nur dann begründet ist, wenn die Voraussetzungen des Auskunftsanspruchs nach § 101 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 UrhG gegeben sind (BGH NJW 2012, 2958 Rn. 10 - Alles kann besser werden; OLG Düsseldorf, BeckRS 2012, 22058).

An einer solchen offensichtlichen Rechtsverletzung fehlt es. Offensichtlich ist eine Rechtsverletzung dann, wenn eine ungerechtfertigte Belastung des Dritten ausgeschlossen erscheint, wobei Zweifel in tatsächlicher, aber auch in rechtlicher Hinsicht die Offensichtlichkeit der Rechtsverletzung ausschließen würden (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung BT-Drs. 16/5048, S. 39). Solche Zweifel bestehen hier.

Der Antrag bezieht sich - anders als in vorangegangenen Verfahren, die das öffentli-che Zugänglichmachen nach § 19a UrhG zum Gegenstand hatten - auf einen "Download" des geschützten Werks und damit auf einen Verstoß gegen das Vervielfältigungsrecht aus § 16 UrhG. Hierzu wird im Antrag ausgeführt, durch die eingesetzte Software sei ermittelt worden, dass "die verfahrensgegenständlichen Werke über die […] Downloadlinks heruntergeladen wurden".

Diesen Sachvortrag hat die Kammer ursprünglich in der Weise verstanden, dass ein Download in Form der dauerhaften Speicherung und damit ein Verstoß gegen das allein dem Inhaber des Urheberrechts zustehende Vervielfältigungsrecht gemäß § 16 UrhG vorlag und durch die Software erfasst worden ist. Hierin hätte grundsätzlich eine den Auskunftsanspruch rechtfertigende Urheberrechtsverletzung liegen können.

Wie nunmehr u.a. durch die eingereichten Abmahnschreiben bekannt geworden ist, handelte es sich jedoch tatsächlich um Verletzungshandlungen, die durch das Ansehen eines so genannten "Streams" auf der Plattform www.redtube.com begangen worden sein sollen, womit das Abspielen einer Video-Datei im Webbrowser des Nutzers im Raume steht. Die Kammer neigt insoweit der Auffassung zu, dass ein bloßes "Streaming" einer Video-Datei grundsätzlich noch keinen relevanten rechtswidrigen Verstoß im Sinne des Urheberrechts, insbesondere keine unerlaubte Vervielfältigung i.S.d. § 16 UrhG darstellt, wobei diese Frage bislang noch nicht abschließend höchstrichterlich geklärt ist. Eine solche Handlung dürfte vielmehr bei nur vorübergehender Speicherung aufgrund einer nicht offensichtlich rechtswidrig hergestellten bzw. öffentlich zugänglich gemachten Vorlage regelmäßig durch die Vorschrift des § 44a Nr. 2 UrhG gedeckt sein (vgl. Busch, GRUR 2011, 496; Stolz, MMR 2013, 353).

Vor diesem Hintergrund vermag auch die eidesstattliche Versicherung des Herrn xxx nicht die erforderliche Gewissheit zu begründen, dass eine ordnungsgemäße Ermittlung der vorgelegten IP-Adressen erfolgt ist. Zwar soll danach der mit der Funktionsweise der Software vertraute Herr xxx festgestellt haben, dass mithilfe der Software die Teilnahme von Nutzern so genannter Download-Portale für Filme im Internet erfasst werden kann. Auch im vorgelegten Gutachten wird der Software die Eigenschaft zugeschrieben, dass durch sie die "IP-Adresse des den Download durchführenden Computers korrekt erfasst wird". Insoweit ist der Kammer allerdings nicht erkennbar, wie das eingesetzte Ermittlungsprogramm in der Lage sein soll, die IP-Adresse desjenigen zu erfassen, der einen Stream von dem Server des Anbieters www.redtube.com abruft. Auch nach dem Hinweis der Kammer ist die Frage unbeantwortet geblieben, wie das Programm in diese zweiseitige Verbindung eindringen kann. [...]

Bedeutung für Beweisverwertungsverbot

Die Kammer hat angedeutet, dass ihre Entscheidung auch Bedeutung für ein Beweisverwertungsverbot in einem Hauptsacheprozess (z.B. über die Berechtigung der Abmahnkosten) haben könnte.

Die Entscheidungen sind nicht rechtskräftig. Die Antragstellerin kann ihrerseits gegen die nunmehr getroffene Entscheidung Beschwerde einlegen.

Gericht:
Landgericht Köln, Beschluss vom 24.01.2014 - 209 O 188/13

LG Köln, PM
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