Eine gelernte Industriekauffrau hatte ein Gewerbe für "Buchungs-, Schreib- und Büroarbeiten" angemeldet. Die Deutsche Rentenversicherung hat nach Überprüfung eine abhängige Beschäftigung gesehen und fordert den Auftraggeber zur Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen auf.
Der Sachverhalt
Eine gelernte Industriekauffrau und hatte ein Gewerbe für "Buchungs-, Schreib- und Büroarbeiten" angemeldet. Die Buchhalterin war für die Klägerin und zwei weitere Auftraggeber tätig. Für die Klägerin erledigte sie alle anfallenden Buchhaltungs- und Lohnabrechnungsarbeiten.
Schriftliche Verträge existierten nicht, es gebe nur mündliche Absprachen. Zu 95% habe sie ihre Tätigkeit im Betrieb verrichtet. Eigene Arbeitsmittel musste sie nicht einsetzen. Sie sei nicht weisungsgebunden gewesen und habe sich ihre Arbeitszeit selbst einteilen können.
Nachforderung der Deutschen Rentenversicherung
Im Rahmen der Betriebsprüfung der Deutsche Rentenversicherung wurde festgestellt, dass die Buchhalterin versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung, in der gesetzlichen Rentenversicherung und in der Arbeitslosenversicherung gewesen sei. Es wurden Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von knapp 30.000 Euro nachgefordert.
Die Entscheidung des Sozialgerichts Landshut
Die Klage hatte vor dem Sozialgericht Landshut (Urteil, Az. S 1 BA 30/18) keinen Erfolg. Die Klägerin ist verpflichtet, Sozialversicherungsbeiträge in gesetzlicher Höhe nachzuentrichten.
- Die Buchhalterin sei in den Betrieb der Klägerin eingegliedert gewesen. Dies ergebe sich aus dem Umstand, dass sie auf die EDV-Infrastruktur des Betriebes einschließlich der notwendigen Software angewiesen gewesen sei. Auch hätten Terminvorgaben vom Finanzamt und Krankenkassen beachtet und die Löhne der Arbeitnehmer rechtzeitig angewiesen werden müssen.
- Die Abrechnung durch die Beigeladene sei ausschließlich auf Stundenbasis erfolgt. Ein Unternehmerrisiko sei nicht ersichtlich. Sie habe allenfalls ein arbeitnehmerspezifisches Einkommensrisiko getragen
- Eine Betriebsstätte im herkömmlichen Sinn, wie ein Büro mit eigenem Personal und Telefon, sei nicht vorhanden, Arbeitnehmer würden nicht beschäftigt. Die Beigeladene habe lediglich ein Arbeitszimmer zu Hause. Die Arbeitsmittel würden vom Auftraggeber kostenlos zur Verfügung gestellt.
- Das Stellen einer Rechnung stelle lediglich die Rechtsfolge einer selbstständigen Tätigkeit dar und sage nichts über den sozialversicherungsrechtlichen Status der Tätigkeit aus. Dies gelte ebenso für die Ausweisung der Mehrwertsteuer.
- Eine Weitergabe der Aufgaben an Dritte oder Subunternehmer, wie es bei Selbständigen bei Krankheits- und Urlaubstagen üblich sei, sei bei der Beigeladenen ebenfalls nicht möglich. Eine Ersatzkraft habe sie ohne Einwilligung des Auftraggebers nicht stellen können, da auch hier wieder ein Zugriff auf die hausinternen Lohn- und Buchhaltungsprogramme des Betriebes erforderlich gewesen wäre.
- Die Beigeladene sei zwar für mehrere Auftraggeber tätig gewesen. Allerdings stelle auch dies nur ein Indiz für eine selbstständie Tätigkeit dar, da alle Beschäftigungen gesondert zu beurteilen seien. Das deutsche Recht kenne den Typus des universellen Selbstständigen, der in jeder Beziehung selbstständig sei, nicht. Sofern die Tätigkeit für andere Auftraggeber gleich gelagert mit der hier zu beurteilenden Tätigkeit sei, stelle sich die Frage, inwieweit auch zu diesen Auftraggebern abhängige Beschäftigungsverhältnisse vorliegen.
- Eine Gewerbeanmeldung habe keine maßgebliche Bedeutung für die sozialversicherungsrechtliche Abwägung und stelle kein Indiz für eine selbständige Tätigkeit dar.
Nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen überwiegen die Merkmale für eine abhängige Beschäftigung.
Gericht:
Sozialgericht Landshut, Urteil vom 11.03.2019 - S 1 BA 30/18
SG Landshut
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