Zwei Abiturientinnen verlangen die Kostenübernahme durch das Jobcenter von jeweils ca. 220 Euro für eine private "Abiball"-Veranstaltung. In den Kosten seien auch 50,00 € für neue Kleider und je etwa 40,00 € für neue Schuhe dabei. Das Jobcenter lehnte die Kostenübernahme ab. Die beiden Klagen vor dem Sozialgericht.

Der Sachverhalt

Die beiden Abiturientinnen sind Schwestern und wollten zum Schulabschluss eine private Abiball-Party ausgiebig feiern. Zu den Kosten gehörten jeweils 100 Euro für die Anmietung der Lokalität, 27 Euro für die Karten, für schicke Klamotten ca. 50 Euro und für passende Schuhe rund 40 Euro.

Die beiden Schwestern beantragten beim Jobcenter die Übernahme dieser Kosten. Es handele sich um einen unabweisbaren Mehrbedarf, der nicht aus dem Regelbedarf zu zahlen sei. Das Jobcenter lehnte die Kostenübernahme ab. Die beiden Schwestern klagten vor dem Sozialgericht.

Die Entscheidung

Das Sozialgericht Düsseldorf (Urteil, Az. S 43 AS 2221/18) lehnte die Klage ab, ein Anspruch ergebe sich nicht aus § 21 Abs. 6 SGB II. Bei der Schulabschlussfeier (Abiball) handele es sich nicht um einen unabweisbaren Bedarf.

Es möge zwar wünschenswert sein, an einer solchen privaten Schulabschlussfeier teilzunehmen. Es habe sich jedoch nicht um eine schulische Veranstaltung gehandelt. Eine Teilnahme sei nicht verpflichtend gewesen.

Es bestehe im Rahmen der Existenzsicherung kein Anspruch darauf, an allen gesellschaftlichen Ereignissen in gewünschtem Umfang teilnehmen zu können. Zudem habe das Ereignis seit geraumer Zeit festgestanden. Die Klägerinnen hätten die Beträge ansparen oder durch Ausübung einer Erwerbstätigkeit erwirtschaften können.

Gericht:
Sozialgericht Düsseldorf, Urteil vom 22.10.2018 - S 43 AS 2221/18

SG Düsseldorf, PM
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Entscheidungshinweis

Das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf (S 43 AS 2221/18) ist nun rechtskräftig. Das Landessozialgericht (LSG) hat in seinem Beschluss vom 19.08.2019 den Antrag auf Zulassung der Berufung zurückgewiesen (Az. L 6 AS 1953/18 NZB). 

Das LSG sah nun die Voraussetzungen des § 144 Abs. 2 SGG als nicht gegeben an. Insbesondere sei die Rechtssache nicht von grundsätzlicher Bedeutung. Die Auslegung des Gesetzes ergebe unzweifelhaft, dass die Ausgaben für die Teilnahme an der Schulabschlussfeier keinen Anspruch begründeten.

Die Anwendung von § 21 Abs. 6 SGB II scheitere bereits daran, dass es sich bei den Kosten nicht um davon erfasste laufende, sondern einmalig auftretende Bedarfe handele. Eine planwidrige Regelungslücke, die zur Vermeidung von Grundrechtsverstößen durch eine analoge Anwendung geschlossen werden müsste, liege nicht vor.

Denn Bedarfsspitzen bei durch grundsätzlich vom Regelbedarf umfassten Ausgaben würden in Form von Darlehen nach § 24 Abs. 1 SGB II abgefangen. Zudem habe es sich bei dem Abiball nicht um eine schulische Veranstaltung gehandelt, deren – wenn auch wünschenswerter – Besuch verpflichtend gewesen wäre. Überdies könne auch nicht erkannt werden, dass sämtliche anderen Möglichkeiten (z.B. eine Unterstützung durch den Förderverein) ausgeschöpft worden seien, um eine Inanspruchnahme öffentlicher Mittel zu vermeiden.

Allein unter diesem Aspekt seien verfassungsrechtliche Argumente für eine Ausdehnung der Norm gegen den eindeutigen Wortlaut auch auf die hier geltend gemachten einmalig auftretenden Ausgaben nicht überzeugend. Das gleiche gelte für eine über die abschließende Aufzählung in § 28 Abs. 2 bis 7 SGB II hinausgehende Auslegung als Bedarf für Bildung und Teilhabe.

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