Im vorliegenden Fall hat sich das Verwaltungsgericht Köln intensiv mit der Thematik "Treu und Glauben" auseinandergesetzt und einem Angestellten der BRD-GmbH gründlich den Kopf gewaschen.

Mit der dissertationsähnlichen Begründung bekommt der Reichsbürger genügend Lesestoff aus Magna Carta, Sachsenspiegel und römisches Recht und dürfte damit eine Weile beschäftigt sein.

Der Sachverhalt

Der Kläger wendet sich gegen die Erhebung von Rundfunkbeiträgen und forderte zunächst den Beklagten auf, seine persönlichen Daten aus dessen Datenbanken zu löschen und verlangte Rückerstattung der "Rundfunkgebühren". Er habe diese "im Treu und Glauben" gezahlt, weil er fälschlicherweise davon ausgegangen sei, dass es sich beim Rundfunkgebührenstaatsvertrag um geltendes Recht gehandelt habe.

Mit seiner Klage behauptet er unter anderem, dass seine Person nicht mehr existiere oder dass für diese Person nur die staatliche Gesetzgebung vor dem 01.01.1914 gelte. Der Rundfunkbeitrag löse bei ihm eine Gewissensnot aus. Zudem legt er eine "rechtswissenschaftliche Expertise zum verfassungswidrigen Rundfunkbeitrag" vor. Die "Weiterbetreibung verbotener nationalsozialistischer Gesetze und Verordnungen in der BRD" werde auf internationaler Ebene bekannt gemacht.

Die Entscheidung

Die Redaktion von Rechtsindex.de gibt das Urteil nur stark gekürzt wieder. Es lohnt sich in jedem Fall den Volltext des Verwaltungsgerichts Köln, Urteil Az. 6 K 693/17, mit sämtlichen Verweisen zu lesen.

Die Klage ist unzulässig. Das Ablehnungsgesuch des Klägers ist rechtsmissbräuchlich und daher für den abgelehnten Einzelrichter unbeachtlich. Das Verbot des Rechtsmissbrauchs entspringt dem Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben (bona fides; vgl. Abs. 5 Pr. EuGRCh i.V.m. Art. 1 Magna Carta [1215]; Sachsenspiegel [zw. 1220 u. 1235] Landrecht I. Buch Art. 7, III. Buch Art. 78; Siete Partidas [Mitte 13. Jh.], Partida III, Titulo I, Leyes I y III, Titulo XXXII, Ley XXI; S. 3 d. schweiz. Bundesbriefs [1291]; Liber sextus [1298] 5, 13, 75; Buch IV Titel 16 Art. 4 § 1 Landrecht d. Hzgt. Preußen [1620]; § 270 I 5, § 539 I 11, § 2024 II 8 PrALR [1794]; § 858 SächsBGB [1865]; Art. 8 Abs. 2 S. 1 EuGRCh; §§ 157, 162, 242, 275 Abs. 2, § 307 Abs. 1, § 320 Abs. 2, § 815 BGB; § 1 StVO; Art. 5 Abs. 3, Art. 9, 44 Abs. 2 S. 1 schweiz. BV; Art. 2 ZGB; § 914 ABGB; Art. 1104 Code civil; Art. 1546 Código Civil Chil.; Art. 1:201 Abs. 1 PECL; Art. 7 Abs. 1 CISG; Art. 2 Ziffer IV, Art. 4 Ziffer II des brasilianischen Gesetzes Nr. 9.784/98; Art. 26, Art. 31 Abs. 1, Art. 46 Abs. 2 WVK; Art. 2 Nr. 2 UN-Charta).

Dieses elementare Gerechtigkeitsprinzip beherrscht jede Rechtsordnung und verlangt die Ausübung von Rechten sowie die Erfüllung von Pflichten in einer Weise, auf die die andere Seite vertrauen kann. Es verpflichtet zur Redlichkeit und zur Rücksichtnahme auf die schutzwürdigen Interessen anderer (iuris praecepta sunt haec: honeste vivere, alterum non laedere, suum cuique tribuere. Ulpian, Dig. 1, 1, 10 § 1). Vertrauen ("Glauben"), auf dem Beziehungen zwischen Personen beruhen, setzt Redlichkeit ("Treu", vgl. engl. "true") voraus, die Übereinstimmung von Reden und Tun.

Treu und Glauben gebietet ein Stehen zum gegebenen Wort

"Treu und Glauben gebietet ein Stehen zum gegebenen Wort, verlangt, dass man auch dann beim Zugesagten bleibt, wenn man hernach anderen Sinnes geworden ist; Treu und Glauben verpflichtet zu einem gesinnungsmäßig anständigen Verhalten im gegenseitigen Umgang, verbietet es, fremde Schwächen auszunutzen und den anderen zu täuschen; Treu und Glauben fordert eine Übereinstimmung der Rede mit der Überzeugung, verlangt eine Geradheit und Aufrichtigkeit des Wesens; Treu und Glauben will, dass man dem andern als sittlicher Person vertraut und glaubt, dass er sein Wort halten, dass er in anständiger Gesinnung handeln wird."

Treu und Glauben ist Maßstab für Rechtsausübung (vgl. § 242 BGB) und -auslegung (vgl. § 157 BGB). Die Rechtsprechung präzisiert diesen Rechtsgrundsatz anhand von Fallgruppen und Funktionskreisen wie etwa dem Verbot des Rechtsmissbrauchs (male enim nostro iure uti non debemus. Gaius, Inst. 1, 53), welches die Rechtsausübung begrenzt (vgl. § 226 BGB, § 8 Abs. 4 UWG; § 34 Abs. 2 BVerfGG; Art. 35 Abs. 3 Buchst. a EMRK). Missbräuchlich ist der treu- oder zweckwidrige Gebrauch eines Rechts.

Ablehnung des Richters

Das Recht, einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, soll gewährleisten, dass die Sache in einem fairen Verfahren, d. h. nach Treu und Glauben, von einem unparteiischen, unabhängigen und unbefangenen Richter  gehört wird. Es schützt das Vertrauen der Rechtssuchenden und der Öffentlichkeit in die Unparteilichkeit und Sachlichkeit der Gerichte.

Unbefangenheit ist Freiheit für das Recht in Geist und Gehabe, bedeutet also Parteinahme für das Recht

Ein Ablehnungsgesuch ist rechtsmissbräuchlich und daher unbeachtlich, wenn es unter keinem denkbaren Gesichtspunkt geeignet ist, die Befangenheit des abgelehnten Richters zu begründen. Dies gilt insbesondere für Gesuche, die Handlungen des Richters beanstanden, welche nach der Prozessordnung vorgeschrieben sind oder sich ohne weiteres aus der Stellung des Richters ergeben.

Widersprüchliches Verhalten des Klägers

Eklatant widersprüchlich verhält sich, wer ein Gericht anruft, das er nicht anerkennt. Rechtsschutz durch die Justiz kann nur auf Basis des Grundgesetzes und im Rahmen der geltenden Gesetze der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Länder erlangt werden. Erst das Grundgesetz garantiert überhaupt gerichtlichen Rechtsschutz gegen Maßnahmen der Exekutive.

Wer die gesamte Rechtsordnung der Bundesrepublik und damit auch die Existenz bzw. Legitimation der von ihm angerufenen Justiz in Zweifel zieht, verhält sich widersprüchlich und verletzt seine Pflicht zu redlicher Prozessführung nach Treu und Glauben. Eine Rechtsordnung, die sich ernst nimmt, darf die Missachtung ihrer selbst nicht ignorieren oder gar fördern. Sie schafft sonst Anreize zur Rechtsverletzung, diskriminiert rechtstreues Verhalten und untergräbt dadurch die Voraussetzungen ihrer eigenen Wirksamkeit.

Gericht:
Verwaltungsgericht Köln, Urteil vom 10.05.2019 - 6 K 693/17

Volltext:
VG Köln, 6 K 693/17

VG Köln
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