Besucher von Weihnachtsmärkten müssen damit rechnen, dass Verkaufsstände an Wasser- und Stromleitungen angeschlossen sind, die überirdisch auf den Gehwegen verlaufen, so das Urteil des OLG Naumburg. Eine deutlich sichtbare Abdeckung sei ausreichend, um die Verkehrssicherungspflicht zu erfüllen.

Aus dem Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg geht folgender Leitsatz hervor: Die oberirdische Verlegung einer Wasserleitung zu einem Verkaufsstand über Flächen, die als Gehweg vorgesehen sind, ist von den Besuchern eines Weihnachtsmarktes als ein zu erwartendes Hindernis hinzunehmen. Eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht liegt nicht vor, wenn der Wasserschlauch mittels einer nach Farbe und Struktur vom Bodenbelag unterscheidbaren Kunststoffabdeckung gesichert wird.

Der Sachverhalt

Nach einer Mitteilung der telefonischen Rechtsberatung der Deutschen Anwaltshotline, hatte eine Reinigungskraft zusammen mit ihren Kollegen in den frühen Abendstunden einen Weihnachtsmarkt zur Weihnachtsfeier besucht. Dabei stürzte sie über einen Schlauch, der mit einer grauen, einige cm hohen, steifen, gerundenten Kunststoffabdeckung abgedeckt war und quer über die Gehfläche verlief. Dabei erlitt sie eine erhebliche Ellenbogenfraktur mit Bruch des Radiuskopfes.

Zwar erkannte die gesetzliche Unfallversicherung des Landes Sachsen-Anhalt den Sturz als Arbeitsunfall an, wollte jetzt aber 70 Prozent der bisher schon aufgewandten 24.761,89 Euro vom Standbetreiber ersetzt haben. Trotz oder gerade wegen der grauen Kunststoffabdeckung wäre die Frau in eine "regelrechte Stolperfalle" geraten, womit der Händler bzw. die Stadt als Vermieter der Stände ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt hätten.

Die Entscheidung

Das Oberlandesgericht verneinte Ansprüche gemäß § 823 BGB, § 116 SGB X wegen Verletzung von Verkehrssicherungspflichten.  Es sei nicht unüblich, dass Kabel- und Leitungsstränge die Wege zwischen den Weihnachtsständen queren. Die Marktbesucher müssen sich auf diese ebenso unvermeidbaren wie bekannten Behinderungen einstellen und tun dies in der Regel auch.

Die verwendete Kunststoffabdeckung genüge nach Form, Material und Farbe den notwendigen Sicherheitsanforderungen. Die Abdeckung war so angelegt, dass sie flach anstieg und ebenso flach wieder abfiel, was ganz entscheidend dazu beiträgt, die Gefahr eines Stolperns zu vermindern. Zumal der Boden an der Unfallstelle mit sehr kleinen Steinen gepflastert war, wodurch die großflächige Abdeckung darüber wegen ihrer ins Auge fallenden, sich vom Untergrund unterscheidenden Struktur klar erkennbar war. Eine Sicherung, die jeden Unfall ausschließt, sei praktisch nicht erreichbar.

Gericht:
Oberlandesgericht Naumburg, Urteil vom 17.11.2011 - 2 U 90/11

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