Der Sachverhalt
Der damals 49 jährige Kläger war als freiwillig versicherter Unternehmensberater tätig. Seinen Angaben nach befand er sich im Mai 2009 auf dem Heimweg von einem Geschäftstermin in Berlin, als er sich auf einem U-Bahnhof ein Eis gekauft habe. Beim Einfahren der U-Bahn habe er das letzte Stück - einen hartgefrorenen Brocken - unwillkürlich verschluckt. Es sei in der Speiseröhre hängen geblieben, was blitzartig dumpfe Schmerzen verursacht habe. Wenig später wurde in der Rettungsstelle eines Krankenhauses ein Herzinfarkt festgestellt. Die beklagte Verwaltungs-Berufsgenossenschaft Berlin lehnte die begehrte Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab.
Die Entscheidung
Das Sozialgericht Berlin folgte der Auffassung der Beklagten und wies die im März 2010 mit Unterstützung eines Rechtsanwalts erhobene Klage durch Gerichtsbescheid vom 21. Oktober 2011 ab (also im schriftlichen Verfahren ohne mündliche Verhandlung). Es liege kein Arbeitsunfall vor, denn das Eisessen sei nicht der unfallversicherungsrechtlich geschützten Tätigkeit zuzurechnen.
Nahrungsaufnahme ist grundsätzlich unversichert
Arbeitsunfälle seien Unfälle von Versicherten infolge einer versicherten Tätigkeit. Für die Zuordnung einer Handlung zum Kreis der versicherten Tätigkeit reiche ein bloßer zeitlicher und räumlicher Zusammenhang nicht aus. Vielmehr müsse ein sachlicher Zusammenhang zwischen Handlung und Berufstätigkeit bestehen. Die Nahrungsaufnahme sei daher grundsätzlich unversichert.
Etwas anderes gilt nur, wenn die Nahrungsaufnahme ausnahmsweise zur Wiedererlangung der Arbeitskraft besonders erforderlich sei oder aus betrieblichen Gründen besonders schnell gegessen werden müsse. Eis jedoch werde erfahrungsgemäß zum Genuss verzehrt und nicht etwa, um sich für die Arbeit zu stärken. Dies gelte umso mehr, da sich der Kläger bereits auf dem Heimweg befunden habe.
Gericht:
Sozialgericht Berlin, Gerichtsbescheid vom 21. Oktober 2011 - S 98 U 178/10
Anmerkung:
Monatlich erreichen rund 50 Fälle aus dem Bereich der Unfallversicherung das Sozialgericht Berlin. Meistens geht es nicht um die Frage, ob überhaupt ein Arbeitsunfall vorliegt, sondern um dessen Folgen. Die Beteiligten streiten um das Ausmaß gesundheitlicher Schäden und darum, inwiefern diese tatsächlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen sind. Doch immer wieder ist auch zu prüfen, ob sich der Unfall infolge einer versicherten Tätigkeit ereignet hat.
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