Wurde mit einem Firmenfahrzeug die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn um 41 km/h überschritten und wirkt der Halter bei der Ermittlung des Fahrers nicht ausreichend mit, kann ihm für die Dauer von 12 Monaten eine Fahrtenbuchauflage für die ganze Fahrzeugflotte auferlegt werden.

Der Sachverhalt

Die Antragstellerin ist Unternehmerin und Halterin eines von 31 auf sie zugelassenen PKW. Mit einem dieser Fahrzeuge wurde auf der BAB innerhalb einer Baustelle die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 41 km/h überschritten. Auf dem Beweisfoto war als verantwortlicher Fahrzeugführer ein Mann abgebildet.

In dem unmittelbar danach eingeleiteten Bußgeldverfahren suchten Polizeibeamte fünfmal die Adresse der Antragstellerin auf, um den Fahrer des genannten Kraftfahrzeugs ausfindig zu machen. Letztlich ließ sich der Fuhrparkleiter der des Unternehmens dahin ein, nicht zu wissen, wer der Fahrer des Fahrzeugs gewesen sei.

Nach Einstellung des Bußgeldverfahrens durch die Polizei gab die Behörde der Antragstellerin unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Führung eines Fahrtenbuches für die Dauer von 12 Monaten für insgesamt 31 Firmen-PKW sowie für Ersatzfahrzeuge auf. Aus der Begründung geht hervor, dass aufgrund der Schwere des Vergehens die Verhängung eines Fahrtenbuches über einen Zeitraum von 12 Monaten für alle Firmenfahrzeuge angemessen sei. Offensichtlich gebe es keine wirkungsvollen firmeninternen Überwachungsmechanismen, die dazu geeignet wären, die betreffenden Fahrzeugführer nach Verkehrsverstößen zu ermitteln. Es könne deshalb nicht ausgeschlossen werden, dass im Falle künftiger Verstöße die Verantwortlichen erneut nicht ermittelt werden könnten.

Die Antragstellerin hat um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Zur Begründung hat sie ausgeführt: Der Fall mit dem Firmen-PKW habe innerhalb der Firma zu einer Umorganisation geführt. So gebe es jetzt eine konkrete Zuordnung der Fahrzeuge. Schließlich werde über den Einsatz eine konkrete Liste geführt. Damit sei sichergestellt, dass jede Fahrt mit jedem Fahrzeug einem Fahrer zugeordnet werden könne.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Neustadt (3 L 22/15.NW)

Die Fahrtenbuchauflage sei rechtmäßig. Die festgestellte Geschwindigkeitsüberschreitung um 41 km/h stelle einen Verkehrsverstoß von einigem Gewicht dar, der zu einem Punkteintrag und zu einem Fahrverbot von einem Monat geführt hätte. Die weitere Voraussetzung zur Anordnung einer Fahrtenbuchauflage, dass der verantwortliche Fahrzeugführer im Zeitpunkt der Begehung des Verkehrsverstoßes nicht habe ermittelt werden können, sei ebenfalls erfüllt.

Nach den durchgeführten Ermittlungsmaßnahmen habe die Behörde hier in das rationelle Maß bereits übersteigendem Umfang alle Maßnahmen getroffen, die in gleichliegenden Fällen erfahrungsgemäß Erfolg haben könnten. Die Antragstellerin hingegen habe in keiner Weise zur Aufklärung beigetragen.

Fahrtenbuchauflage für den gesamten Fahrzeugpark verhältnismäßig

Die Fahrtenbuchauflage für die 31 Firmen-PKW sei auch verhältnismäßig. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass bei unaufgeklärt gebliebenen Verkehrsverstößen mit verschiedenen auf einen Halter zugelassenen Firmenfahrzeugen die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage bezogen auf den gesamten Fahrzeugpark gerechtfertigt sein könne.

Bereits in der Vergangenheit sei es mehrmals zu Verkehrsverstößen mit auf die Antragstellerin zugelassenen Kraftfahrzeugen gekommen, die nicht hätten aufgeklärt werden können. Dass die Antragstellerin den für den jeweiligen Verkehrsverstoß verantwortlichen Fahrer des in Rede stehenden Fahrzeugs nicht benannt habe, habe daran gelegen, dass sie nicht die zumutbaren und erforderlichen organisatorischen Vorkehrungen getroffen habe, um eine Übersicht über die Benutzung ihrer Firmenfahrzeuge zu gewährleisten. Bei einem Fuhrpark von Firmenfahrzeugen, die unterschiedlichen Personen überlassen würden, müsse die Geschäftsleitung aber zumindest in der Lage sein, der Bußgeldbehörde die Firmenangehörigen zu nennen, denen das betreffende Fahrzeug zugerechnet werden könne. Dies sei hier offensichtlich in den genannten Fällen nicht so gewesen.

Gericht hat ernsthafte Zweifel an der "Reorganisation des Fuhrparkmanagements"

Soweit sich die Antragstellerin auf eine "Reorganisation des Fuhrparkmanagements" berufen habe, bestünden derzeit massive Zweifel an der Ernsthaftigkeit und Zuverlässigkeit dieser Maßnahme. Denn trotz dieser Reorganisation habe sich die Antragstellerin nicht in der Lage gesehen, den für einen Rotlichtverstoß verantwortlichen Fahrer zu benennen.

Es bestehe somit Veranlassung, für alle in Betracht kommenden Fahrzeuge eine Fahrtenbuchauflage zu verhängen, um die Antragstellerin auf diese Weise zu einer spürbaren Überwachung der Fahrzeugbenutzung und zur Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrzeugführers im Falle eines erneuten Verkehrsverstoßes anzuhalten.

Gericht:
Verwaltungsgericht Neustadt, Beschluss vom 22.01.2015 - 3 L 22/15.NW

VG Neustadt, PM
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