Der Sachverhalt
Ein Autofahrer wurde durch ein Geschwindigkeitsmessgerät des Herstellers eso GmbH "geblitzt" und die Verwaltungsbehörde führte gegen den Autofahrer ein Bußgeldverfahren wegen des Verdachts der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften.
Der Autofahrer nahm sich einen Anwalt, dieser beantragte Akteneinsicht bei der Verwaltungsbehörde. Die Bedienanleitung und Lebensakte war jedoch (üblicherweise) nicht Inhalt der Akte. Der Rechtsanwalt begehrte weitere Akteneinsicht, diese wurde jedoch abgelehnt. Er beantragte gerichtliche Entscheidung.
Aus dem Beschluss des AG Cottbus
Die Verwaltungsbehörde hat dem Verteidiger Auskunft über weitere Einzelheiten zu dem zum Einsatz gebrachten Messgerät zu erteilen, wie das Baujahr, die genaue Typenbezeichnung und eventuelle Aufrüstungen, soweit sich diese Angaben nicht bereits aus dem Eichschein Verwaltungsakte ergeben.
Dem Verteidiger des Betroffenen ist Akteneinsicht in folgende Unterlagen zu gewähren:
- Handbuch des zum Einsatz gebrachte Messgerätes
- Beschilderungsplan
- Original-Beweisfotos
- Original-Messprotokoll
- Messliste mit beobachteten und nicht beobachteten Messungen
- komplette Beweisdatensätze der Messserie
Die Akteneinsicht ist durch Übersendung in die Kanzleiräume, in geeigneten Fällen nachdem der Verteidiger ein entsprechend geeignetes Speichermedium zur Verfügung gestellt hat, oder, wenn dies technisch nicht anders möglich ist, in den Räumen einer entsprechenden Verwaltungsbehörde in unmittelbarer Nähe zu den Kanzleiräumen des Verteidigers zu gewähren.
Schulungsunterlagen, so wie von der Verteidigung begehrt, sind nicht vom Akteneinsichtsrecht erfasst. Entscheidend ist der Nachweis, dass erfolgreich an der Schulung teilgenommen wurde.
Rechtsgrundlagen:
§ 147 StPO, § 46 Abs 1 OWiG
Themenindex:
Bedienungsanleitung, Lebensakte
Gericht:
Amtsgericht Cottbus, Beschluss vom 14.09.2012 - 83 OWi 1122/12
Rechtsindex - Recht & Urteil
Ähnliche Urteile:
Nachdem ein Autofahrer durch ein Poliscan Speed "geblitzt" wurde, beantragte sein Verteider bei der Verwaltungsbehörde die Einsicht in die Bedienungsanleitung, den Messfilm sowie die schriftliche Angaben des Herstellers über die geräteinterne Funktionsweise. Urteil lesen
Das Vier-Augen-Prinzip ist jedenfalls im Land Baden-Württemberg bei jeder Messung mit dem Lasermessgerät Riegl FG21-P zu beachten. Da bei diesem Messverfahren kein Foto gefertigt wird, muss gewährleistet sein, dass der Messwert richtig abgelesen und ins Messprotokoll übertragen wird. Urteil lesen
Messgeräte im Straßenverkehr sind hochkomplexe technische Geräte, die nicht immer einwandfrei arbeiten. Regelmäßig neue Softwareupdates von den Herstellern sprechen dafür. Eine umfassende Aktensicht für den Rechtsanwalt ist dringend geboten, um den Betroffenen effektiv verteidigen zu können. Urteil lesen
Ein Rechtsanwalt hat im straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren ein Akteneinsichtsrecht auch in die Lebensakte des Geschwindigkeitsmessgeräts und kann nicht auf die Beiziehung der Unterlagen im gerichtlichen Verfahren verwiesen werden. Urteil lesen