Nach Urteil des OLG Saarbrücken genügt es, wenn der Verkehrssicherungspflichtige davor warnt, dass eine absenkbare Polleranlage nur einzeln passiert werden darf. Ein Autofahrer fuhr einem anderen hinterher, während der Poller wieder ausfuhr.

Amtlicher Leitzsatz

Beim Aufstellen absenkbarer Poller muss der Verkehrssicherungspflichtige die Verkehrsteilnehmer nachhaltig davor warnen, dass die Polleranlage nur einzeln passiert werden darf. Genügt der Verkehrssicherungspflichtige dieser Warnpflicht, ist es zur Verkehrssicherung nicht erforderlich, die Polleranalge so zu konstruieren, dass sich der Poller auch dann wieder absenkt, wenn sich ein Fahrzeug dem ausfahrenden Poller nähert.

Der Sachverhalt

Nach einer Mitteilung der Deutschen Anwaltshotline (www.anwaltshotline.de) geschah das Malheur an der Talsperre Bosen im nördlichen Saarland. Die Ein- und Ausfahrt zum Seegelände wird durch eine Polleranlage geregelt. Als eine Frau mit ihrem Transporter dort durchfahren wollte, war vor ihr gerade ein weiteres Fahrzeug zum Stehen gekommen. Als das wieder anfuhr, schoss die Frau in dem behaupteten Irrglauben, die Polleranlage sei nicht in Betrieb, mit ihrem Wagen hinterher. Dabei überhörte sie offenbar auf Grund der lauten Dieselmotoren beider Fahrzeuge auch das akustische Warnsignal des knapp eine Sekunde nach Umschalten der Ampel auf "Rot" wieder ausfahrenden Pollers.

Die Kosten von über 6.000 Euro für die schweren Beschädigungen am Unterboden des Transporters wollte sie nun vom Landkreis ersetzt haben. Der habe mit der Fehlkonstruktion der Sperranlage seine Verkehrssicherungspflicht verletzt.

Die Entscheidung

Aus dem Urteil: [...] Jedoch stellt eine elektronisch zu steuernde Sperrvorrichtung eine besondere Gefahrenquelle im Straßenraum dar, die vor allem daraus resultiert, dass der Poller in abgesenktem Zustand für die Benutzer der Straße nicht immer leicht zu erkennen ist, weshalb ein sich mitten auf der Fahrbahn befindlicher Poller, der unbemerkt ausfährt, ein erhebliches Gefahrenpotenzial für den fließenden Verkehr darstellt. Diese Gefahren rechtfertigen es, an die Verkehrssicherungspflicht besondere Anforderungen zu stellen (so auch OLG Hamm, NZV 2010, 353).[...]

Zur Verkehrssicherung ist es nicht zwingend erforderlich, den Poller stets derart zu konstruieren, dass sich der Poller in jedem Falle auch dann wieder absenkt, wenn sich ein Fahrzeug dem noch nicht vollständig ausgefahrenen Poller nähert. [...] Von einer solch weit gehenden Sicherungsmaßnahme kann jedenfalls dann abgesehen werden, wenn der Verkehrssicherungspflichtige die situationsadäquat aufmerksamen Verkehrsteilnehmer in der konkreten Verkehrssituation durch andere Maßnahmen wirksam davor warnt, dass die Polleranlage nur einzeln passiert werden darf (vgl. OLG Hamm, NZV 2010 353; OLG München, Beschl. v. 25.1.2012 - 1 U 4134/11) [...]

Schließlich muss der betroffenen Fahrerin, die die Zufahrt aus vorangegangenen Fahrten kannte, auch bewusst gewesen sein, dass sich die Anlage in Betrieb befand. Denn der für sie gut sichtbare Poller auf der gegenüberliegenden Fahrbahn war unstrittig ausgefahren. Ihre Entscheidung, die "Gunst der Stunde" zu nutzen und zügig hinterherzufahren, stelle eine grobe Verletzung der gebotenen Sorgfalt dar, die eine - vom Gericht gar nicht erst in Betracht gezogene - Verletzung der Verkehrssicherungspflicht vollständig zurücktreten ließe.

Gericht:
Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 15.05.2012, 4 U 54/11-16

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