Im Prozess gegen eine KFZ-Haftpflichtversicherung ging es primär darum, ob die Klägerin die zukünftig entstehenden materiellen Schadenersatzansprüche in Form einer einmaligen Kapitalabfindung verlangen kann. Voraussetzung dafür ist nach § 843 Abs. 3 BGB ein wichtiger Grund, der in diesem Fall aber nicht vorlag.

Der Sachverhalt

Die Klägerin wurde als Insassin im Fahrzeug ihres damaligen Ehemannes schwer verletzt. Sie hat von der Beklagten als Kfz-Haftpflichtversicherer ein Schmerzensgeld von mindestens 500.000,00 EUR und Ersatz materieller Schäden in Höhe von weiteren 6.937.618,60 EUR verlangt. Bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung hat die Versicherung Zahlungen in Höhe von insgesamt 695.105,47 EUR geleistet.

Das Gericht sprach der Klägerin ein Schmerzensgeld von insgesamt 430.000,00 EUR zu, auf das noch restliche 131.857,14 EUR zu zahlen sind. Die Beklagte wurde im Übrigen zum Ausgleich der bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung offenen materiellen Schadenersatzansprüche in Höhe von insgesamt 164.074,08 EUR verurteilt. Hinsichtlich der zukünftigen Schäden hat das Gericht die Versicherung zur Zahlung einer quartalsweisen Rente mit Beträgen in variabler Höhe zwischen 19.807,50 EUR und 30.561,17 EUR verurteilt.

Primär ging es in dem Rechtsstreit darum, ob die Klägerin die zukünftig entstehenden materiellen Schadenersatzansprüche, die nach der gesetzlichen Grundregel des § 843 Abs. 1 BGB durch quartalsweise zu entrichtende Rentenzahlungen auszugleichen sind, in Form einer einmaligen Kapitalabfindung verlangen kann. Voraussetzung dafür ist nach § 843 Abs. 3 BGB ein wichtiger Grund.

Die Entscheidung

Entgegen der Ansicht der Klägerin reiche es nicht aus, dass der Verletzte einen Einmalbetrag verlange, weil er selbst der Auffassung sei, ein solcher kompensiere seine unfallbedingten Beeinträchtigungen besser als eine Rentenzahlung. Vielmehr sei ein objektiv nachvollziehbarer Grund erforderlich wie zum Beispiel der Aufbau einer eigenen wirtschaftlichen Existenz durch eine Geschäftsgründung oder die Abwendung von Nachteilen durch die drohende Insolvenz des Schädigers. Derartige Gründe lägen hier jedoch nicht vor.

Schwere der Verletzung kein wichtiger Grund

Die Schwere der Verletzungen sei, für sich genommen, ebenfalls kein wichtiger Grund im Sinne des § 843 Abs. 3 BGB. Die hierdurch entstandenen bzw. noch entstehenden Nachteile, insbesondere der Mehrbedarf durch anfallende Pflegekosten, würden durch Rentenzahlungen angemessen ausgeglichen.

Bisher nicht vollumfängliche Regulierung steht nicht weiterer Rentenzahlung entgegen

Der Umstand, dass die Versicherung die berechtigten Ansprüche der Klägerin bislang noch nicht vollen Umfangs reguliert habe, bedeute nicht, dass der Klägerin weitere Rentenzahlungen nicht zuzumuten wären. Dieser Gesichtspunkt habe sich bei der Bemessung des Schmerzensgeldes niedergeschlagen, wobei die Kammer jedoch lediglich in einzelnen Punkten eine vorwerfbare Verzögerung der Regulierung gesehen hat.

Die zunächst seitens der Beklagten vorgenommene Kürzung der Ansprüche der Klägerin um 30 %, die mit einem Mitverschulden in Form des Verstoßes gegen die Anschnallpflicht im Auto begründet worden sei, sei nicht zu beanstanden. Erst im Verlaufe des Prozesses habe sich gezeigt, dass die Beklagte einen entsprechenden Beweis nicht führen konnte.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Sollte gegen die Entscheidung Berufung eingelegt werden, wäre hierfür das Hanseatische Oberlandesgericht zuständig.

Gericht:
Landgericht Hamburg, Az. 302 O 192/08

Mitteilung des Gerichts, Rechtsindex
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