Der Kläger war aufgrund einer seelischen Erkrankung nicht in der Lage, ein neues Antragsformular für die Bewilligung von Hartz-IV-Leistungen an das Jobcenter zurückzusenden. Er verlangt eine rückwirkende Leistung für 5 Monate, da er aufgrund seiner Krankheit unverschuldet daran gehindert gewesen sei, den Antrag rechtzeitig zu stellen.

Der Sachverhalt

Im vorliegenden Fall bezog der Kläger seit 2013 Arbeitslosengeld II ("Hartz IV"), das immer für einen bestimmten Zeitraum bewilligt wurde. Kurz vor Ablauf des Bewilligungszeitraums verschickte das Jobcenter ein Informationsschreiben mit einem neuen Antragsformular und Hinweis auf die Notwendigkeit eines neuen Antrages.

Als die Leistungen Ende Dezember 2014 ausliefen, schickte der Kläger das Antragsformular jedoch nicht zurück. In der Zwischenzeit war er seelisch erkrankt und mit einiger Wahrscheinlichkeit zu diesem Zeitpunkt nicht in der Lage, sich um seine Angelegenheiten zu kümmern.

Erst im Juni 2015 wandte er sich mit einer Betreuerin an das Jobcenter und bekam ab Juni auch wieder Leistungen zugesprochen. Eine rückwirkende Leistung für Januar bis Mai 2015 lehnte das Jobcenter jedoch ab, da das Gesetz eindeutig bestimme, dass für Zeiten vor Antragstellung keine Leistungen gewährt würden.

Der Mann zog vor das Sozialgericht Mainz und machte geltend, dass er aufgrund seiner Krankheit unverschuldet daran gehindert gewesen sei, den Antrag zu stellen. Zudem sei er noch bis Januar 2015 in einer Maßnahme des Jobcenters gewesen und habe seinem zuständigen Ansprechpartner von seinen Problemen und dem noch nicht eingesandten Antrag erzählt.

Das Urteil des Sozialgerichts Mainz

Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil (Az. S 10 AS 816/15) abgewiesen. Höchstrichterlich sei geklärt, dass eine „Wiedereinsetzung in den vorigen Stand“ in einem solchen Fall nicht eingreife, da diese nur bei einer unverschuldeten Versäumung von gesetzlichen Fristen helfe, aber nicht – wie vorliegend – bei einem fehlenden Antrag.

Keine Pflichtverletzung des Jobcenters zu erkennen

Eine frühere Antragstellung könne auch nicht anderweitig konstruiert werden, da dies eine Pflichtverletzung des Jobcenters voraussetze. Eine solche Pflichtverletzung liege aber nicht vor. Das Jobcenter sei seiner Pflicht nachgekommen, die Leistungsbezieher vor Ablauf des Bewilligungszeitraums auf die Notwendigkeit einer erneuten Antragstellung hinzuweisen. Weitergehende Verpflichtungen, wie etwa persönlich beim Kläger vorbeizuschauen oder den Sozialdienst auf Verdacht einzuschalten, bestünden nicht.

Jobcenter hätte nicht den Antrag für den Kläger stellen können

Das Jobcenter habe auch keinerlei Anhaltspunkte für die Probleme des Klägers gehabt, da in der Vergangenheit die Antragstellung funktioniert habe. Schließlich hätte das Jobcenter auch - selbst wenn es Kenntnis von der Erkrankung gehabt hätte - den Antrag nicht für den Kläger stellen können.

Soweit der Behörde eine allgemeine Fürsorgepflichtverletzung vorgeworfen werden sollte, könne der Kläger allenfalls Schadensersatz verlangen, der aber bei der ordentlichen Gerichtsbarkeit geltend zu machen sei.

Gericht:
Sozialgericht Mainz, Urteil vom 01.12.2016 - S 10 AS 816/15

SG Mainz
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