Der Partner einer erwerbsfähigen Hartz-IV-Empfängerin wurde von Jobcenter aufgefordert, Vordrucke für Einkommensnachweise auszufüllen. Die Formblätter richteten sich aber ausschließlich an Personen, die selbst Hartz-IV-Leistungen nach dem SGB II begehren. Der Partner beanspruchte aber gar keine Leistungen nach dem SGB II.

Der Sachverhalt

Der Kläger und die zu diesem Zeitpunkt bei dem beklagten Jobcenter im Leistungsbezug stehende Frau C. bilden nach Auffassung des Jobcenters eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft. Vom Kläger verlangte das Jobcenter mehrfach schriftlich, zuletzt im Bescheidwege vom Kläger die Vorlage von Einkommensnachweisen sowie mehrerer auszufüllender Formblätter, um seine Einkommensverhältnisse zu überprüfen. Die Formblätter richteten sich ausschließlich an Personen, die ihrerseits Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II begehren. Der Widerspruch, den der Kläger darauf stützte, dass er niemals Leistungen bezogen oder beantragt habe, blieb ohne Erfolg.

Die Entscheidung

Der Bescheid erweist sich als rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 54 Abs. 2 SGG, so das Urteil des Sozialgerichts Gießen (Az. S 22 AS 1015/14 ). Nach § 60 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB II hat, wenn Einkommen oder Vermögen der Partnerin oder des Partners zu berücksichtigen sind, dieser Partner der Agentur für Arbeit auf Verlangen hierüber Auskunft zu erteilen, soweit es zur Durchführung der Aufgaben nach diesem Buch erforderlich ist.

Wenn der Kläger als Mitglied einer solchen Gemeinschaft, also als "Partner" zur Auskunft verpflichtet wäre, bedürfe es der rechtsfehlerfreien Aufforderung zur Erteilung der Auskunft. Die vom Jobcenter gewählte Vorgehensweise hält aber der rechtlichen Überprüfung nicht stand.

Gericht: Kläger ist nicht Antragsteller

Nach Auffassung des Gerichts ist maßgebend, dass sich die übermittelten Formblätter, wie sich aus den jeweiligen Fragestellungen und aus den Unterschriftsleisten ("Unterschrift Antragstellerin/Antragsteller") ergibt, lediglich an Personen richtet, die selbst Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II beanspruchen.

Der Kläger sei aber nicht Antragsteller und daher auch nicht zur Mitwirkung verpflichtet. Gegen seinen Willen könne er selbst dann nicht zum Antragsteller gemacht werden, wenn er Inhaber eines Anspruchs wäre. Der Aufforderung an den Kläger, der selbst die Bewilligung von Leistungen nicht anstrebte, fehlte es damit an der Rechtsgrundlage.

Gericht:
Sozialgericht Gießen, Urteil vom 23.02.2016 - S 22 AS 1015/14

SG Gießen
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