Weihnachten - das Fest der Liebe. Um die "traditionell schlechte Stimmung" auf der Familienfeier an Heiligabend aufzupeppen, brachte im vorliegenden Fall einer der Söhne selbst gebackene Cannabis-Plätzchen mit. Die Familie hatte keine Ahnung was sich in den Keksen verbarg und griff genüsslich zu.

Der Sachverhalt

Der angeklagte Sohn brachte an Heiligabend selbst gebackene Plätzchen mit, in die er Cannabis eingearbeitet hatte. Für jeden Gast legte er diese Kekse offen zugänglich auf den Tisch, auf dem auch normales Weihnachtsgebäck zum Verzehr abgelegt war. Damit wollte er die immer so schlechte Stimmung auf der Weihnachtsfeier aufhellen.

In den Keksen war ca. 0,6g Haschisch verarbeitet und damit nur von geringer Natur. Jedoch so hoch, dass einer der volljährigen Gäste nach dem Konsum eines ganzen Kekses Schweißausbrüche erlitt, kreidebleich wurde und zu zittern begann. Auch ein minderjähriger Gast griff zu, der jedoch das Haschisch in den Keksen schmeckte.

Das Amtsgericht verurteilte den Sohn u.a. wegen gefährlicher Körperverletzung und Abgabe von Betäubungsmitteln an eine andere Person unter 18 Jahren. Dagegen wendet er sich mit seiner Revision. Gerügt wird die Verletzung materiellen Rechts.

Die Entscheidung

Das OLG Zweibrücken hat das Urteil des Amtsgerichts - Schöffengericht - Rockenhausen mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben und die Sache zur neuer Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Schwere Körperverletzung?

Betäubungsmittel können bei ihrem Konsumenten Wirkungen hervorrufen, die sich als Gesundheitsschädigung im Sinne des § 223 Abs. 1 StGB darstellen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn sie zu Rauschzuständen, körperlichem Unwohlsein - insbesondere nach Abklingen der Rauschwirkungen - oder zur Suchtbildung bzw. zu Entzugserscheinungen führen. Die bei dem volljährigen Gast festgestellte Schädigung der Gesundheit in Form von Schweißausbrüchen, Zittern und dem zwischenzeitlichen Verlust der Gesichtsfarbe ("kreidebleich") weist für sich genommen eine erhebliche Beeinträchtigung nach Intensität oder Dauer noch nicht aus.

Das Motiv des Angeklagten war die immer so schlechte Stimmung auf der Weihnachtsfeier aufzuhellen, indem er mittels Haschisch auf die Psyche anderer einwirken wollte. Hiermit ist nicht zwingend der Vorsatz hinsichtlich der nachteiligen Beeinflussung der normalen Körperfunktion des Konsumenten verbunden.

Sollte sich das Amtsgericht in der neuen Verhandlung keine Überzeugung von einem vorsätzlich begangenen Körperverletzungsdelikt bilden können, ist gegeben falls ein Hinweis nach § 265 Abs. 1 StPO zu erteilen, wonach ein Vergehen der fahrlässigen Körperverletzung gemäß § 229 StGB in Betracht kommt.

Abgabe von Betäubungsmitteln an eine andere Person unter 18 Jahren

Der § 29 a Abs. 1 Nr. 1 BtMG setzt in der Tatbestandsvariante der Abgabe an Minderjährige voraus, dass diese über die Betäubungsmittel Verfügungsgewalt erlangen, die beim bloßen Überlassen zum unmittelbaren Verbrauch regelmäßig nicht vorliegt. Abgabe auf Seiten des Überlassenden und Erwerb oder Besitz auf Seiten des Empfängers sind mangels Übertragung der tatsächlichen Verfügungsgewalt nicht gegeben, wenn Rauschgift nur zum Mitgenuss bzw. in verbrauchsgerechter Menge zum sofortigen Verbrauch an Ort und Stelle hingegeben wird.

Das Amtsgericht muss sich nun erneut mit dem jungen Mann auseinandersetzen müssen. Straffrei wird er nicht bleiben, denn isoliert betrachtet weist der Schuldspruch wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln keinen Rechtsfehler auf.

Gericht:
Oberlandesgericht Zweibrücken, Urteil vom 11.02.2016 - 1 OLG 1 Ss 2/16

OLG Zweibrücken
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