Der Sachverhalt:
Der Autofahrer geriet an einem Werktag nachmittags in eine allgemeine Verkehrskontrolle durch Polizeibeamte. Weil der Fahrer gerötete Bindehäute und eine verzögerte Pupillenreaktion hatte, schöpfte ein Beamter den Verdacht, dass der Fahrer unter Drogeneinfluss gefahren sei. Nachdem auch ein freiwilliger Drogenschnelltest auf THC, den Hauptwirkstoff von Haschisch, positiv reagierte, ordnete der Polizeibeamte die Entnahme einer Blutprobe beim Betroffenen an.
Grundsätzlich darf nach der Strafprozessordnung die Entnahme von Blutproben nur durch Richter angeordnet werden
Bei Gefahr im Verzug, also dann, wenn kein Richter erreichbar ist oder die Gefahr besteht, dass eine später entnommene Blutprobe als Beweismittel nicht mehr geeignet ist, dürfen auch die Staatsanwaltschaft oder die Polizei Blutproben anordnen. Hier ordnete der Polizeibeamte die Blutprobenentnahme an, ohne vorher über Mobiltelefon versucht zu haben, einen Richter zu erreichen und ohne, dass besondere Gründe dafür vorlagen, dass die Blutentnahme besonders eilig gewesen wäre.Die später von einem Arzt entnommene Blutprobe enthielt erhebliche Mengen des Wirkstoffs THC. Die daraufhin vom Amtsgericht erfolgte Verurteilung hat das Oberlandesgericht auf die Rechtsbeschwerde des Verurteilten aufgehoben und den Autofahrer freigesprochen, weil die Blutentnahme rechtswidrig war und das Ergebnis der Blutprobenuntersuchung nicht verwertet werden durfte.
Grober Verstoß gegen Richtervorbehalt
In der Anordnung des Polizeibeamten liege ein grober Verstoß gegen den Richtervorbehalt, weil dieser sich generell für anordnungsbefugt gehalten und keine Überlegungen dazu angestellt habe, ob die Anordnung der Blutentnahme im konkreten Fall einem Richter vorbehalten war, welche Umstände im konkreten Einzelfall die von ihm pauschal unterstellte Gefährdung des Untersuchungserfolgs begründeten und wodurch seine Anordnungskompetenz ausnahmsweise eröffnet war.
In der Vergangenheit war die polizeiliche Anordnung einer Blutprobe durchaus üblich, weil in der Zeit, als es noch keine Mobiltelefone gab, ein Richter regelmäßig nicht rechtzeitig erreichbar war, ohne dass es durch den Alkoholabbau im Blut zu einem Beweismittelverlust gekommen wäre. Das Bundesverfassungsgericht hat in letzter Zeit in einer Reihe von Entscheidungen an die Annahme von Gefahr im Verzug strengere Anforderungen gestellt, zumal wegen der heutigen verbesserten Kommunikationsmöglichkeiten ein Richter schneller und leichter erreichbar ist als früher.
Oberlandesgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 26. Oktober 2009 - 1 SsOWi 92/09
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