Benutzt man einen erkennbar stark vereisten Weg, obwohl ein eisfreier Ausweichweg zur Verfügung steht und kommt zu Fall, bestehen keinerlei Ansprüche gegen denjenigen, der hinsichtlich des vereisten Weges versicherungspflichtig gewesen wäre.

Nach Urteil des Amtsgerichts München sei das Eigenverschulden der Klägerin so groß, dass eine etwaige Verletzung der Verkehrssicherungspflicht des Vermieters dahinter zurücktrete.

Der Sachverhalt

Die Mieterin einer Wohnanlage ging Ende Januar 2011 am späten Nachmittag mit ihrem Müll zum Müllhäuschen im Innenhof des Anwesens. Da es an diesem Tag sehr eisig und glatt war, zog sie ihre Winterstiefel mit Profil an und benutzte auf dem Hinweg eine Route entlang der Häuser, da sich dort kein Eis befand. Auf dem Rückweg allerdings benutzte sie den eigentlichen Weg und stürzte im Bereich eines Gullys. Sie zog sich einen Innen- und Außenbandanriss sowie eine Deltabandverletzung zu, wodurch sie mehrere Monate erhebliche Schmerzen hatte.

Deshalb verlangte sie vom Vermieter der Wohnanlage ein Schmerzensgeld. Schließlich habe dieser seine Verkehrssicherungspflicht verletzt, da der eigentliche Weg nicht gestreut und geräumt gewesen sei. Der Vermieter weigerte sich, zu zahlen. Er sei seiner Räum- und Streupflicht in vollem Umfang nachgekommen. Außerdem habe die Mieterin einen Ausweichweg gehabt. Die Mieterin erhob Klage vor dem Amtsgericht München auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes.

Das Urteil des Amtsgerichts München

Die zuständige Richterin wies die Klage jedoch ab. Grundsätzlich sei der Vermieter der Anlage natürlich zum Räumen und Streuen der Wege verpflichtet. Es könne aber vorliegend dahinstehen, ob er dieser Verpflichtung nachgekommen sei. Das Eigenverschulden der Klägerin sei so groß, dass eine etwaige Verkehrssicherungspflichtverletzung des Vermieters dahinter zurücktrete.

Der Mieterin sei bewusst gewesen, dass im Freien winterliche Verhältnisse herrschten, es insbesondere extrem eisig war. Sie habe deshalb bereits Stiefel mit Profil angezogen und für den Hinweg den Pfad entlang der Hauswand gewählt. Obwohl sie gesehen habe, dass dieser Weg nicht mit Eis bedeckt und damit problemlos begehbar war, habe sie für den Rückweg den nach eigenen Angaben extrem eisigen "normalen" gepflasterten Weg über den Innenhof benutzt. Dass ihr der Rückweg entlang der Hausmauer nicht zumutbar gewesen wäre, sei nicht erkennbar.

Die Mieterin habe damit die Begehung des vereisten Weges vermeiden können und damit durch ihr eigenes Verhalten die Gefahr des Schadeneintritts wesentlich erhöht. Werde bei erkennbar schwierigen, eisigen Verhältnissen der unmittelbar in der Nähe befindliche, gefahrlose Weg grundlos nicht gewählt, werde in hohem Maße die Sorgfalt verletzt, die ein vernünftig Handelnder zum Schutze der eigenen Gesundheit anzuwenden habe. Unter Berücksichtigung dieser Umstände scheide eine Ersatzpflicht daher aus.

Themenindex:
Glatteis, Verkehrssicherungspflicht, Eigenverschulden, Räumpflicht, Streupflicht

Gericht:
Amtsgericht München, Urteil vom 27.07.2012 - 212 C 12366/12

AG München, PM Nr. 1/13
Rechtsindex - Recht & Urteil
Ähnliche Urteile:

Verkehrssicherungspflicht: Der Vermieter eines PKW-Stellplatzes ist seinem Mieter grundsätzlich nicht zum Winterdienst verpflichtet. Auf ein entsprechendes Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf macht Eric Reißig von der Quelle Bausparkasse aufmerksam. Verletzt dieser sich, so hat sich nach Ansicht der Juristen lediglich sein allgemeines Lebensrisiko verwirklicht. Urteil lesen

Mietrecht: Rutscht jemand in einem Miets- oder Bürohaus auf einer frisch gewischten Treppe aus und verletzt sich dabei, so bestehen keine Schadenersatzansprüche gegen den Vermieter. Auf dieses Urteil des Landgerichts Gießen weist Susanne Dehm von der Quelle Bausparkasse hin. Urteil lesen

OLG Saarbrücken, Urteil vom 11.7.06 - 4 U 126/06 - 36 Die Verkehrssicherungspflicht eines Vermieters hat auch Kindern gegenüber Grenzen. So haftet beispielsweise ein Hauseigentümer nicht für Schäden, die daraus entstehen, dass ein Treppengeländer zum Hinunterrutschen missbraucht wird, informiert Anette Rehm von der Quelle Bausparkasse. Urteil lesen

Verkehrssicherungspflicht - Ein Kartbahn-Betreiber verletzt seine Verkehrssicherungspflicht, wenn die zur Verfügung gestellten Karts keinen Sicherheitsgurt, keine Rückenlehne, keine Kopfstütze und keine hinreichende Knautschzone aufweisen. Denn wer eine Gefahrenquelle schafft, muss laut ARAG-Experten die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zum Schutze Dritter treffen. Urteil lesen

Werbung
Werbung auf Rechtsindex.de