Urteil: Das Mithören eines Telefongesprächs über den Lautsprecher, darf nicht als Beweis für eine fristlose Kündigung verwendet werden. Dem steht das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Gesprächspartners gegenüber.

Der Sachverhalt

Wie die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt, rief eine Apothekenmitarbeiterin ihre erkrankte Chefin an, um sich für den folgenden Freitag frei zu nehmen. Ihre Schwiegermutter sei verstorben und es seien noch einige Dinge zu erledigen. Über den weiteren Verlauf des Telefonats besteht Uneinigkeit zwischen den beiden Frauen. An dem Freitag begann die Apothekenhelferin ihre Arbeit. Als ihre Chefin mittags eintraf, erklärte die Mitarbeiterin, dass sie nun die Apotheke verlassen müsse. Daraufhin kündigte die Chefin ihr fristlos direkt mündlich und noch einmal schriftlich wegen Arbeitsverweigerung. Die Mitarbeiterin klagte gegen diese Kündigung. Sie sei unwirksam, da sie ihre Arbeit nicht verweigert hätte.

Die Bekannte der Arbeitgeberin hat mitgehört

Vor Gericht führte die Klägerin aus, ihre Arbeitgeberin hätte ihr in dem fraglichen Telefonat gesagt, dass sie machen könne, was sie wolle. Die Chefin erinnerte sich anders: Auf den Einwand, dass sie der Klägerin wegen ihrer Erkrankung nicht frei geben könne, habe diese erwidert, sich notfalls krankschreiben zu lassen. Dies habe eine Bekannte am Telefon mitgehört.

Mithören ohne Einwilligung verletzt das allgemeine Persönlichkeitsrecht

Das Gericht gab der Mitarbeiterin Recht. Die Apothekenbesitzerin habe die Arbeitsverweigerung nicht beweisen können. Das Mithören des Telefonats ohne Einwilligung der Klägerin verletze das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Mitarbeiterin. Daher könne die Aussage der Bekannten nicht als Beweis zugelassen werden. Insoweit gebe es ein Beweisverwertungsverbot. Ohne Nachweis der Arbeitsverweigerung sei die Kündigung unwirksam.

Gericht:
Arbeitsgericht Berlin vom 19. März 2009, AZ: 2 Ca 17727/98

Quelle: Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV)
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