Wenn eine Versetzung objektiv rechtswidrig ist, liegt in der Nichtaufnahme der Arbeit am neuen Arbeitsort keine beharrliche Arbeitsverweigerung. Die Rechtsprechung des BAG zur vorläufigen Verbindlichkeit unbilliger Direktionsrechtsausübung lässt sich auf das Kündigungsrecht nicht übertragen.

Der Sachverhalt

Ein langjähriger Bandarbeiter eines Kieswerks wurde wegen zu häufiger Krankheitstage gekündigt, informiert die Deutsche Anwaltshotline. Deswegen klagte er gegen seinen Arbeitgeber, der ihn bis zur klärenden Gerichtsentscheidung in ein anderes Werk versetzte, das 70 Kilometer weit entfernt in Belgien lag.

Der Arbeitgeber wollte dem Gekündigten den längeren Arbeitsweg in keiner Weise entschädigen. Daher empfand der Bandarbeiter die Versetzung als Schikane und kündigte an, unter diesen Umständen nicht weiterzuarbeiten. Denn den langen Arbeitsweg könne er sich auf Dauer nicht leisten. Die Firma aber ist der Meinung, dass er der Anweisung Folge leisten müsse, und kündigte ihm wegen Arbeitsverweigerung nun auch fristlos.

Das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln (Az. 6 Sa 423/14)

Für die außerordentliche fristlose Kündigung, so das Urteil  (6 Sa 423/14) des LAG Köln, fehlt es an einem wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB, die ordentliche Kündigung ist ebenso wie die hilfsweise fristgemäße Kündigung sozial ungerechtfertigt gemäß § 1 KSchG.

Aus dem Urteil [...] Einen schriftlichen Arbeitsvertrag haben die Parteien unstreitig nicht geschlossen. Fehlt es an einer Festlegung des Inhalts oder des Orts der Arbeitspflicht im Arbeitsvertrag, so ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des Arbeitgebers aus § 106 GewO. Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer kraft seines Direktionsrechts einen anderen Arbeitsort zu, so unterliegt dies der Ausübungskontrolle gemäß §§ 106 GewO, 315 Abs. 3 BGB (vgl. BAG 28.08.2013 - 10 AZR 537/12 -, juris). Im Streitfall kann dahinstehen, ob eine Versetzung des Arbeitnehmers ins Ausland von § 106 S. 1 GewO schon grundsätzlich nicht mehr gedeckt ist (so etwa ArbG Heilbronn, 11.07.2013 - 8 Ca 7/13, juris). Unabhängig davon entspricht die Versetzung hier jedenfalls nicht mehr billigem Ermessen [...]

Arbeitgeber hätte zusätzlichen Fahrtkosten können

Selbst wenn es hinreichende betriebliche Gründe für die Versetzung nach Belgien gegeben haben sollte, konnte der Arbeitgeber ohne Übernahme der zusätzlichen Fahrtkosten bzw. Stellung eines Firmenfahrzeugs die Arbeit an dem zugewiesenen Ort nicht verlangen. Der Arbeitnehmer hat in der Berufungsbegründung näher dargelegt, dass er nicht in der Lage war, die erheblichen Mehrkosten für die Fahrten zum neuen Arbeitsort aufzubringen. Der Arbeitgeber hat eine Übernahme dieser Kosten bzw. einen Kostenvorschuss trotz ausdrücklicher Aufforderung durch den Klägervertreter nach Erhalt der Versetzung abgelehnt.

Kläger kann keine beharrliche Arbeitsverweigerung vorgeworfen werden

Aus dem Urteil [...] Dem Kläger kann eine beharrliche Arbeitsverweigerung nicht vorgeworfen werden, weil er durch die Nichtbefolgung der objektiv unwirksamen Versetzungsanordnung nicht in kündigungserheblicher Weise gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen hat. [...] Für den Bereich des Kündigungsrechts bleibt es dabei, dass dem Arbeitnehmer kein Vorwurf gemacht werden kann, wenn er eine Arbeitsanweisung, die sich bei gerichtlicher Überprüfung als rechtsunwirksam darstellt, nicht befolgt. Maßgeblich dafür, ob das Verhalten des Arbeitnehmers eine beharrliche Arbeitsverweigerung und damit eine erhebliche Arbeitsvertragsverletzung darstellt, ist die objektive Rechtslage. Erst dann, wenn sich die Arbeitsanweisung als objektiv rechtswirksam erwiesen hätte, käme es auf die Grundsätze der Vermeidbarkeit eines Rechtsirrtums an (vgl. BAG 29.08.2013 - 2 AZR 273/12, juris m. w. N.). Da die Versetzung hier objektiv rechtsunwirksam war, lag eine beharrliche Arbeitsverweigerung des Klägers nicht vor. [...]

Rechtsgrundlagen:
§§ 315, 626 BGB, 106 GewO

Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 28.08.2014 - 6 Sa 423/14

LAG Köln
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