Der Sachverhalt
Ein Polizeibeamter im Wach- und Wechseldienst beantragte Anfangs 2008, die sogenannten Rüst- beziehungsweise Abrüstzeiten vor Schichtbeginn und nach Schichtende (u.a. für das An- und Ablegen der Dienstuniform) als Dienstzeit anzuerkennen. Dies wurde im Wesentlichen vom Dienstherren abgelehnt. Dieser argumentiert, dass als Dienstzeit nur die Vorbereitungen zur Herstellung der Einsatzbereitschaft wie etwa das Anlegen von Dienstwaffen und sonstiger Ausrüstung angesehen werden können. Dagegen gehören Vorbereitungen zur Herstellung der Dienstbereitschaft nicht zur Dienstzeit.
Die Entscheidung
Die Richter des Verwaltungsgericht waren hier anderer Meinung. Nach Maßgabe der vom Dienstherrn konkretisierten Pflicht, den Dienst „aufgerüstet“ zum Schichtbeginn anzutreten, beginne die Arbeitszeit des Polizeibeamten nicht erst mit dem Antritt zur Schicht, sondern bereits mit dem Beginn der notwendigen Aufrüsttätigkeit unmittelbar vor Schichtbeginn.
Uniform ist keine dem Privatbereich zuzuordnende Kleidung
Die Uniform stelle für den Polizeivollzugsbeamten keinesfalls eine dem reinen Privatbereich zuzuordnende Kleidung dar, sondern eine allein auf Gewährleistung von Schutz und Sicherheit ausgerichtete Ausrüstung. Dass es den Beamten gestattet sei, die Dienstkleidung mit den zugehörigen Ausrüstungsgegenständen mit nach Hause zu nehmen und den Weg von und zur Dienststelle aufgerüstet zurückzulegen, rechtfertige ebenso wenig eine andere Wertung wie die vom Innenministerium getroffene Anordnung, die für das Umkleiden notwendige Zeit als Zeit der „Vorbereitung“ auf den Dienst nicht als Dienstzeit zu werten.
Dass der Kläger nicht verpflichtet sei, die Uniform erst in den Diensträumen anzulegen, bedeute nicht, dass er hierzu nicht berechtigt wäre. Die derzeitige Handhabung der Arbeitszeitregelung bei den Beamten im Wach- und Wechseldienst stelle auch eine offensichtlich ungerechtfertigte Ungleichbehandlung im Vergleich zu den im Innendienst befindlichen Beamten, deren Arbeitszeit unbestritten mit dem Betreten des Dienstgebäudes beginne, und denjenigen Polizeivollzugsbeamten dar, die ihren Dienst als Krad-Fahrer oder als Fahrradstreife versehen und die ihre jeweilige Motorrad- bzw. Fahrradkombi unstreitig erst nach Dienstantritt anlegen dürften. Gründe, die geeignet sein könnten, diese Ungleichbehandlung zu rechtfertigen, seien nicht ersichtlich.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Münster als „richtungsweisende Klarstellung” begrüßt. In Summe ergaben sich Arbeitszeiten, die Polizeibeamte jeden Tag zum An- und Ablegen der Uniform, der Schutzkleidung und der weiteren Ausrüstungsgegenstände wie Dienstwaffe und Handschellen benötigten, von mehr als 50 Stunden im Jahr.
Gericht:
Verwaltungsgericht Münster, 4 K 1753/08 - nicht rechtskräftig
Rechtsindex
Entscheidungshinweis: Die aktuelle Rechtsprechung des OVG Nordrhein-Westfalen finden Sie unter der Meldung "Anlegen der Polizeiuniform ist keine Arbeitszeit" OVG Nordrhein-Westfalen, 02.12.2010 - 6 A 1546/10, 6 A 979/09 |