Der Sachverhalt
Wie aus dem Urteil hervorgeht, ist die Teilnahme am Sexualkundeunterricht und an Schulveranstaltungen wie etwa Karnevalsfeiern und Theaterstücken seit Jahren ein ständiger Konfliktherd zwischen Angehörigen der örtlichen Baptistengemeinde und der katholischen Grundschule.
Die Kläger haben bereits wegen ihrer älteren Kinder ohne Erfolg nach Ausschöpfung des Rechtswegs den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte angerufen, nachdem gegen den klagenden Vater wegen Verstoßes gegen die Schulpflicht 40 Tage Erzwingungshaft verhängt worden waren.
Als im Schuljahr 2011/2012 erneut Sexualkundeunterricht erteilt wurde, blieb die Tochter der Kläger weiteren Unterrichtsstunden fern. Die Kläger beantragten bei der Schule die Befreiung vom Unterricht unter Hinweis darauf, dass der Unterricht ihren religiösen Überzeugungen widerspreche. Der Unterricht sei in der konkreten Durchführung nicht wertneutral und entspreche nicht der Reife ihres Kindes.
Es seien "eklige" Dinge angesprochen worden
Schon nach der ersten Unterrichtsstunde sei ihr Kind erheblich verstört gewesen, weil „eklige“ Dinge angesprochen worden seien. In einer späteren Unterrichtseinheit, an der die Tochter teilnahm, stellte der ebenfalls anwesende Schulamtsdirektor keine besonderen Auffälligkeiten fest. Zuvor hatten die Kläger ein ärztliches Attest vorgelegt, wonach ihre Tochter wegen des Sexualkundeunterrichts mit psychosomatischen Störungen rechnen müsse.
Man müsse mit psychosomatischen Störungen rechnen
Nach einer Untersuchung durch die Schulärztin lehnte die Schule den Befreiungsantrag ab, was durch das Schulamt bestätigt wurde. Sodann beantragten die Kläger nach Beendigung der Unterrichtsreihe beim Verwaltungsgericht Minden die Feststellung, dass die Befreiung hätte erteilt werden müssen. Wegen mehrerer jüngerer Geschwister bestehe Wiederholungsgefahr in den kommenden Schuljahren.
Die Entscheidung
Die 8. Kammer bestätigte durch Urteil die Rechtmäßigkeit der schulischen Ablehnungsentscheidung. Die Schule sei zu Recht davon ausgegangen, dass die Teilnahme an dem Sexualkundeunterricht für die Tochter der Kläger zumutbar gewesen sei. Das vorgelegte Attest sei als offenkundige Gefälligkeitsbescheinigung zu werten. Eigene Beobachtungen der Schule und nachfolgende Überprüfungen hätten keinerlei Anhaltspunkte für die behaupteten gesundheitlichen Belastungen ergeben.
Der Unterricht habe die Interessen der Eltern und den Reifegrad der Kinder berücksichtigt. Die Schule habe versucht, im Dialog mit den Eltern einen Ausgleich zu erreichen. Vor diesem Hintergrund habe der Durchsetzung des schulischen Bildungs- und Erziehungsauftrags der Vorrang eingeräumt werden können. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.
Gericht:
Verwaltungsgericht Minden, Urteil vom 13.09.2013 - 8 K 1623/12
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