Eine Hundehalterin aus Rheinland-Pfalz kann verpflichtet werden, ihren Hund außerhalb ihres Grundstücks anzuleinen und ihm einen Maulkorb anzulegen, wenn er sich mehrmals überdurchschnittlich aggressiv gezeigt hat, ohne dass er bereits einen Menschen oder ein Tier gebissen hat.

Der Sachverhalt

Die Antragstellerin ist Halterin eines Schäferhundes. Sie wurde von der Stadt Neustadt an der Weinstraße unter Anordnung der sofortigen Vollziehung verpflichtet, den Hund außerhalb des Grundstücks anzuleinen und ihm einen Maulkorb anzulegen, weil er sich mehrmals überdurchschnittlich aggressiv verhalten habe. Ihren hiergegen gestellten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes lehnte das Verwaltungsgericht ab. Das Oberverwaltungsgericht wies ihre Beschwerde gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zurück.

Die Entscheidung

Das rheinland-pfälzische Landesgesetz über gefährliche Hunde ermögliche Maßnahmen zur Abwehr der von solchen Hunden ausgehenden Gefahren - wie eine Verpflichtung zum Anleinen und zum Tragen eines Maulkorbes - bereits vor dem ersten Schadensfall. Das Gesetz stufe nicht nur Hunde als gefährlich ein, die sich als bissig erwiesen haben, sondern auch solche, die eine über das natürliche Maß hinausgehende Kampfbereitschaft oder Angriffslust entwickelt haben.

Extreme Kampfbereitschaft gegenüber Artgenossen

Für die Qualifizierung als gefährlich sei es daher nicht erforderlich, dass der Hund in der Vergangenheit Menschen oder andere Hunde gebissen habe. Der Hund der Antragstellerin habe sich mehrfach bellend und mit gefletschten Zähnen auf Artgenossen gestürzt und diese angegriffen, ohne dazu besonders herausgefordert worden zu sein. Dies zeige eine überdurchschnittlich ausgeprägte extreme Kampfbereitschaft.

Begegnungen mit anderen Hunden sind alltägliche Belastungen

Üblicherweise reagiere ein Hund nämlich bei alltäglichen Belastungen - wie Menschenansammlungen oder Begegnungen mit anderen Hunden - sozial verträglich und erst bei einem Angriff oder einer sonstigen bedrohlichen Situation aggressiv. So sei auch etwa das bloße Hochspringen am Zaun oder das Bellen bei einer das Grundstück des Halters passierenden Person in der Regel kein überdurchschnittlich aggressives, sondern ein artgemäßes, der Verteidigung des Revieres dienendes Verhalten.

Gericht:
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 11.06.2013 - 7 B 10501/13.OVG

OVG RLP, PM Nr. 26/2013
Rechtsindex - Recht & Urteil
Ähnliche Urteile:

Ein Vermieter kann die Haltung von Haustieren von seiner Zustimmung abhängig machen und dies auch entsprechend vertraglich regeln. So darf er selbst dann, wenn anderen Mietern im Haus beispielsweise eine Hundehaltung erlaubt wurde, seine Zustimmung für eine Katze verweigern. Urteil lesen

Hundeangriff - Ein Hund sprang über den Vorgartenzaun auf die Straße und biss dort eine Frau in den Unterarm. Danach erfolgte die Einstufung des Hundes als "gefährlicher Hund". Dies hat verschiedene Verpflichtungen, wie z.B. Anlein- und Maulkorbpflicht, bei der Hundehaltung zur Folge. Urteil lesen

Nürnberg (D-AH) - Im Zweifelsfall zu Lasten des vierbeinigen Angeklagten: Hat der Amtstierarzt einen seiner Ansicht nach gefährlichen Hund mit einem Leinenzwang belegt, ist die Sicherheitsmaßnahme solange aufrecht zu erhalten, bis ein Gericht in ausführlicher Hauptverhandlung zu einer anderen Entscheidung gelangt. Urteil lesen

Wenn eine Hundehalterin in berechtigter Sorge um ihr Tier in eine Hundebeißerei eingreift, müsse sie wissen, dass ihr Handeln die Gefahr mit sich bringt, selbst gebissen zu werden. Deshalb erhielt sie nur anteiligen Schadensersatz und Schmerzensgeld. Urteil lesen

Werbung
Werbung auf Rechtsindex.de