Während einer Verhandlungspause wurde der Angeklagte wieder in den Zellentrakt geführt. Als er an zwei Polizeibeamten vorbeiging, drehte der Angeklagte sich in deren Richtung, streckte seinen rechten Arm zum "Hitler-Gruß" aus und sagte laut und vernehmlich das Wort "Heil". Das Verhalten zog weitere rechtliche Konsequenzen nach sich.

Jeder Gebrauch einer derartigen Grußform ist in der Öffentlichkeit verboten, ohne dass es dabei auf eine nationalsozialistische Gesinnung des Benutzers ankommt, um jeden Anschein einer Wiederbelebung derartiger verfassungswidriger Bestrebungen in Deutschland zu vermeiden.

Der Sachverhalt

Der Angeklagte räumte die Tat unumwunden ein und hatte sich bereits damals bei einem Beamten entschuldigt und bei der anderen Beamtin zumindest zu entschuldigen versucht. Er lässt über seinen Verteidiger vortragen, dass er Mitangeklagter im seit Juni 2016 laufenden PKK Prozess sei, der wohl noch bis Januar 2019 laufe und in dem ihm vorgeworfen werde, ein Mitglied der Auslandsorganisation von TKP/ML zu sein. Die Türkei klassifiziere diese Vereinigung als Terrororganisation.

Der Verteidiger erwarte dort für ihn eine Freiheitsstrafe von 5-6 Jahren. Er habe sich bis zur Außervollzugsetzung des Haftbefehls fast 3 Jahre lang in U-Haft, große Teile davon auch in Einzelhaft befunden. Kommunikation mit seiner damals ebenfalls inhaftierten mitangeklagten Lebensgefährtin, zu der Trennung angeordnet worden sei, sei nur unter Postkontrolle möglich gewesen.

Die Entscheidung

Die zuständige Strafrichterin am Amtsgericht München hielt hierfür die Verhängung einer Geldstrafe wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Beleidigung von 50 Tagessätzen (ein ganzes und zweidrittel Monatseinkommen) als geboten.

Es fallen zwar "...Handlungen, die nach den Umständen des Einzelfalles bei einem objektiven Beobachter nicht den Eindruck einer Identifikation mit den Zielen der verbotenen Organisation herbeirufen können, nicht unter § 86 a StGB. Dies ist hier jedoch nicht der Fall.

Alleine aus dem Umstand, dass gegen den Angeklagten derzeit beim Oberlandesgericht ein Strafverfahren geführt wird wegen Mitgliedschaft in der Organisation TKP/ML und sich der Angeklagte selbst als Kommunist bezeichnet, folgt nicht, dass hier die Verwendung des sog. Hitlergrußes durch den Angeklagten bei einem objektiven Beobachter keinesfalls den Eindruck einer Identifikation mit dem NS-Regime erwecken kann.

In der konkreten Situation war nämlich für einen objektiven Beobachter gerade nicht erkennbar, welche politische Einstellung der Angeklagte hat. Zudem kann hier die Verwendung des sog. Hitlergrußes nach den Umständen des konkreten Einzelfalles aus Sicht eines objektiven Beobachters auch nicht als bloße Satire gewertet werden."

Gericht:
Amtsgericht München, Urteil vom 02.05.2018 - 823 Cs 112 Js 185411/17
Das Urteil ist aufgrund beidseitiger Berufung nicht rechtskräftig.

AG München, PM 50/2018
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