Strafgefangene haben grundsätzlich keinen Anspruch auf Hartz-IV-Leistungen, da sie im Gefängnis versorgt sind. Was aber bei Haftunterbrechungen geschieht, hat nun das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) geklärt.
Der Sachverhalt
Geklagt hatte ein 50-jähriger Langzeithäftling aus Südniedersachsen, der vor seiner Inhaftierung obdachlos war. Im Jahre 2016 wurde er herzkrank und brauchte eine Bypass-Operation im Uni-Klinikum Göttingen. Krankenhausbehandlung und Reha dauerten ca. drei Wochen.
Für diese Zeit wollte er Unterstützung, da er kein Geld und kaum Kleidung hatte, die er außerhalb der Haft tragen konnte. Das Jobcenter lehnte den Antrag ab, da Leistungen für Strafgefangene gesetzlich ausgeschlossen seien.
Es bestehe kein Anspruch auf Leistungen, da der Kläger sich in Haft befinde und die Haft nach dem Krankenhausaufenthalt fortgesetzt werde (Leistungsausschluss nach § 7 Abs 4 Satz 2 SGB II). Es handele sich lediglich um eine Haftunterbrechung, nicht um eine Entlassung.
Die Entscheidung
Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (Urteil, Az. L 11 AS 474/17) hat das Jobcenter zur Gewährung des Regelbedarfs verurteilt. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, dass der Leistungsausschluss wegen Aufenthalts in einer Vollzugseinrichtung nicht gelte, wenn die Vollstreckung der Freiheitsstrafe für die Dauer eines stationären Heilverfahrens außerhalb des Strafvollzugs unterbrochen wird.
In dieser Zeit sei der Kläger kein Strafgefangener, denn die Haftzeit verschiebe sich insgesamt um die Dauer der Behandlung. Es sei auch nicht entscheidend, dass es nur um Leistungen für drei Wochen gehe, denn das SGB II kenne keine zeitliche Mindestgrenze der Hilfebedürftigkeit.
Der Kläger müsse sich auch nicht die Vollverpflegung in Krankenhaus und Rehaklinik anrechnen lassen, da der Regelbedarf pauschaliert sei. Eine individuelle Berechnung sei nicht vorgesehen – weder zugunsten noch zulasten des Berechtigten.
Gericht:
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 26.02.2019 - L 11 AS 474/17
LSG Niedersachsen-Bremen
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