Grundsätzlich ist der Beruf des Bestatters keine Seltenheit, nur wird kaum darüber gesprochen, was für Verletzungen im Alltag passieren können. Jetzt musste sich allerdings das Landessozialgericht (LSG) damit auseinandersetzen, ob das Verheben beim Umbetten eines Leichnams ein Arbeitsunfall ist.

Bestatter verhebt sich bei einem Leichnam 

Der kuriose Fall eines Bestattungshelfers, der eine Leiche vom Bett auf eine Trage gehoben hat und sich dabei verletzte, sorgt für Aufsehen. Eigentlich ein alltäglicher Griff, jedoch hört man über solche Verletzungen von einem Bestatter nicht so oft bzw. sie werden nicht publik. Es wurde ein Verhebetrauma diagnostiziert und der Mann war für vier Wochen arbeitsunfähig. 

Unfallversicherung verneint Arbeitsunfall wegen "inneren Geschehens"

Dies stellt auf den ersten Blick einen Arbeitsunfall dar. So klar war die Lage für die Unfallversicherung nicht. Nach den Versicherungsbedingungen seien nur von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse erfasst, die dann zu einem Gesundheitsschaden führen. Die Versicherung rechnete die Verletzung aber der inneren, selbstgesteuerten Willens- und Kraftanstrengung des Bestattungshelfers zu.  

LSG führt Unfall nicht auf "inneres Geschehen" zurück 

Das Sozialgericht (SG) Reutlingen als auch das LSG bejahten allerdings einen Arbeitsunfall. Er hat sich das Verhebetrauma während seiner beruflichen Tätigkeit zugezogen. Hierbei lag das "von außen auf den Körper einwirkende Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden führt". Die Krafteinwirkung zählt nämlich zu den äußeren Ursachen. Es war lediglich eine Kraftanstrengung, die anscheinend zu hoch war. Der Ausschlusstatbestand der inneren Ursachen erfasst einen Kreislaufkollaps oder Herzinfarkt. Das lag hier nicht vor. 

Keine Differenzierung nach "üblicher" und "unüblicher" Tätigkeit 

Zudem sind laut Gesetz alle Verrichtungen geschützt, die in einem sachlichen, inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehen. Das Umbetten eines Leichnams steht zweifelsohne in einem Zusammenhang mit dem Beruf des Bestattungshelfers. Die Idee der Versicherung ist ja, Risiken während der Arbeit abzufedern. Eine Differenzierung in nicht versicherte "übliche" und versicherte "unübliche" Tätigkeiten gebe es nicht, so das LSG. 

LSG gibt dem Kläger recht 

Der Bestatter erlitt einen Gesundheitsschaden und dieser ist während seiner beruflichen Tätigkeit, nämlich dem Anheben einer Leiche, passiert. Somit liegt ein Arbeitsunfall vor und wird vom Versicherungsschutz umfasst. 

Gericht:
Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 19.07.2018 - L 6 U 1695/18 

Andrea Stahl
Dipl.-Wirtschaftsjuristin (FH)
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