Überbrückungsgeld verfolgt den Zweck, den Lebensunterhalt in der ersten Zeit nach der Existenzgründung zu sichern. Was ist aber, wenn man vor der Arbeitslosigkeit eine hohe Abfindung erhalten hat? Kann die Agentur für Arbeit den Antrag auf einen Gründungszuschuss ablehnen?

Hintergrund

Ein Arbeitsloser, der sich selbständig machen will, kann hierfür einen Gründungszuschuss der Arbeitsagentur erhalten. Dieser Zuschuss wird zunächst für 6 Monate in Höhe des zuletzt bezogenen Arbeitslosengeldes zuzüglich 300 € pro Monat gezahlt und kann für weitere 9 Monate verlängert werden.

Er setzt u.a. voraus, dass der Arbeitslose die Tragfähigkeit der Existenzgründung nachweist, dies durch eine fachkundige Stelle bestätigt wird und der Arbeitslose über die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit verfügt. Allerdings steht der Zuschuss im Ermessen der Arbeitsagentur, d.h. die Agentur kann, muss aber nicht leisten.

Der Sachverhalt

Vor seiner Arbeitslosigkeit hatte der Kläger (59) mehr als 30 Jahre bei einem großen mittelhessischen Heiztechnikunternehmen gearbeitet. Aufgrund einer Verlagerung des Betriebes wurde das Arbeitsverhältnis durch Aufhebungsvertrag gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von etwas mehr als 170 000 € brutto (rund 130 000 € netto) aufgelöst.

Er bezog zunächst Arbeitslosengeld und stellte dann einen Antrag auf einen Gründungszuschuss für die Errichtung einer GmbH & Co. KG zusammen mit einem Partner. Geschäftsidee war der Verkauf und die Reparatur heiztechnischer Austauschteile. Das Gewerbe wurde dann auch angemeldet.

Agentur für Arbeit lehnt Antrag auf Gründungszuschuss ab

Die Agentur für Arbeit Gießen lehnte den Antrag ab und begründete dies damit, der zuvor Arbeitslose verfüge aufgrund seiner Abfindung über genügend finanzielle Ressourcen, um das Gründungsvorhaben selbst zu finanzieren.

Im Klageverfahren bezog der Kläger sich auf eine Aufstellung zur Vermögenslage, aus der u.a. hervorgeht, dass er mit der gezahlten Abfindung mehrere Kredite abgelöst hatte.

Das Urteil des Sozialgerichts Gießen (Az. S 14 AL 6/13)

Das Sozialgericht Gießen (Urteil, Az. S 14 AL 6/13) hat die Klage abgewiesen. Überbrückungsgeld verfolge den Zweck, den Lebensunterhalt in der ersten Zeit nach der Existenzgründung zu sichern. Der Lebensunterhalt sei aber hier durch die gezahlte Abfindung gesichert gewesen.

Der Gründungszuschuss diene nicht dazu, einem Antragsteller die Ablösung von Darlehen zu ermöglichen. Die Ermessenentscheidung der Agentur für Arbeit sei daher nicht zu beanstanden, zumal diese auch die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten habe.

Gericht:
Sozialgericht Gießen, Urteil vom 29.04.2015 - S 14 AL 6/13

SG Gießen
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