Ein Schlosser war 30 Jahre im Beruf und verstarb mit 60 Jahren an Lungenkrebs. Die Witwe klagte auf Anerkennung einer Berufskrankheit, weil durch die Schweißarbeiten Schadstoffe freigesetzt wurden. Die BG sah die Ursache jedoch eher im dreißigjährigen Zigarettenkonsum des Verstorbenen und bekam Recht.

Der Sachverhalt

Aus dem Sachverhalt des Urteils geht hervor, dass ein Schlosser, der während seiner dreißigjährigen Berufstätigkeit zu einem Drittel seiner Arbeitszeit als Schweißer arbeitete, im Alter von 60 Jahren an Lungenkrebs verstarb.

Die Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung einer Berufskrankheit mit der Begründung ab, dass die Krebserkrankung wesentlich durch den 30-jährigen Nikotinkonsum des Verstorbenen und nicht durch dessen berufliche Schadstoffexposition (insbesondere Chrom, Nickel und Thorium) verursacht worden sei. Hiergegen erhob die in Marburg lebende Witwe Klage.

Die Entscheidung

  1. Mit dem Vorhandensein der in den BK'n 1103 und 4109 genannten Listenstoffen Chrom bzw. Nickel am Arbeitsplatz liegen die arbeitstechnischen Voraussetzungen vor, so lange nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand kein Erfahrungssatz existiert, demzufolge erst ab Erreichen einer bestimmten Mindestdosis von einer Gefährdung ausgegangen werden kann.

  2. Die Höhe der Exposition alleine kann allenfalls dann für die Anerkennung einer BK genügen, wenn keine Anhaltspunkte für eine alternative (innere oder äußere) Ursache für die Erkrankung bestünden. Als solche kommt starkes privates Rauchen (hier ca. 29 Packungsjahre) in Betracht.

  3. Dem Gericht ist es verwehrt, die Unsicherheit der Verursachungsanteile im Wege eines unterstellten jeweils hälftigen Anteils zu schließen, weil aus dem Vorliegen einer bestimmten Einwirkung nicht automatisch auf die berufliche Verursachung einer Erkrankung geschlossen werden kann.

Die Richter beider Instanzen gaben der Berufsgenossenschaft Recht. Der Verstorbene sei zwar unstreitig während seiner beruflichen Tätigkeit Schadstoffen ausgesetzt gewesen, die eine Berufskrankheit verursachen könnten. Im konkreten Fall sei jedoch nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die berufliche Einwirkung von Chrom, Nickel oder durch ionisierende Strahlen wesentliche (Teil-)Ursache für die Krebserkrankung gewesen sei.

Zwar setze der Verordnungstext hinsichtlich der in Betracht kommenden Stoffe keine Mindestdosis für die Anerkennung einer Berufskrankheit voraus. Auch sei nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand keine „sichere Dosis“ bekannt, bei deren Unterschreiten der Verursachungszusammenhang ausgeschlossen werden könnte. Dennoch reiche die konkrete Schadstoffexposition alleine nur aus, wenn keine Anhaltspunkte für eine alternative Krankheitsursache bestünden.

Der verstorbene Schlosser habe jedoch 30 Jahre lang 15 - 20 Zigaretten pro Tag geraucht. Da dies ein 10-fach erhöhtes Lungenkrebsrisiko bedeute, liege eine alternative Krankheitsursache vor. Welchen Anteil das nicht versicherte Rauchen und die versicherte Schadstoffexposition jeweils haben, sei mangels vorhandener medizinischer Kriterien nicht feststellbar. Die objektive Beweislosigkeit gehe zu Lasten der auf Hinterbliebenenleistungen klagenden Witwe.

Rechtsgrundlagen:
§ 9 SGB 7, § 63 SGB 7, BK 1103, BK 2402, BK 4109 BKV

Gericht:
Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 23.08.2013 - L 9 U 30/12 ZVW

Hessisches LSG
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