Die Klägerin hat gegenüber der Volkswagen AG geltend gemacht, dass ihr Vater der Schöpfer des Ur-Käfers sei und sich sein Werk heute noch in dem VW-Beetle fortsetze. Ihr stehe daher wegen des großen Verkaufserfolges eine weitere Vergütung nach § 32a Urhebergesetz (Fairnessausgleich) zu.
Der Sachverhalt
Ihr Vater, der 1966 verstorbene Österreicher Erwin Franz Komenda, der ab 1931 bei Porsche gearbeitet hat, sei der Schöpfer des Ur-Käfers. Aus Verjährungsgründen hat die Klägerin die Klage zuletzt auf die ab 2014 gebauten Fahrzeuge beschränkt.
Die Beklagte hat unter anderem die Urheber-/Miturheberschaft des Vaters in Abrede gestellt. Sie ist der Ansicht, dass der Ur-Käfer keinen Urheberschutz genieße, da dessen Gestaltung technisch bedingt gewesen sei und auf bekannten Vorbildern aufbaue. Ferner sei die Vorschrift des § 32a UrhG nicht auf Altverträge (d.h. vor Inkrafttreten des UrhG im Jahr 1966) anwendbar.
Die Entscheidung
Mit Urteil vom 19.06.2019 (Az. 9 O 3006/17) hat die 9. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig (Kammer für Gewerblichen Rechtsschutz) die Klage der Erbin des als Konstrukteur an der Entwicklung des ersten Käfers beteiligten Angestellten abgewiesen.
Das Landgericht Braunschweig hat die nach österreichischem Recht zu prüfende Erbenstellung und Berechtigung der Klägerin, urheberrechtliche Ansprüche geltend zu machen, bejaht. Das Gericht hat auch die grundsätzliche Anwendbarkeit des erst 2002 in das Gesetz aufgenommenen § 32a UrhG auf Werke aus den 1930er Jahren angenommen und festgestellt, dass diese Vorschrift auch für Angestellte gelte, die im Rahmen ihres Arbeitsvertrages Werke schaffen.
Keine Urheberrechtsfähigkeit der Zeichnungen
Für die Frage, ob überhaupt ein nach dem Urheberrecht schutzfähiges Werk vorliegt, hat das Landgericht Braunschweig zwei Zeichnungen aus dem Jahre 1934 untersucht, die nach Auffassung der Klägerin von ihrem Vater stammen. Unter Beachtung der damals maßgeblichen strengen Prüfungsmaßstäbe für angewandte Kunst hat das Landgericht Braunschweig die Urheberrechtsfähigkeit der Zeichnungen des Ur-Käfers als Werk der angewandten Kunst verneint.
Dabei war insbesondere zu berücksichtigen, dass es zur Zeit der Anfertigung der Zeichnungen bereits zahlreiche Entwürfe gab, die das Konzept des Fahrzeuges mit Heckmotor in stromlinienförmiger Karosse mit herabgezogener Fronthaube und dem in die herabgezogene Motorhaube übergehenden Heck vorweggenommen hatten (Tatra V570, Mercedes Typ 130). Zudem habe die Klägerin auch nicht nachweisen können, dass ihr Vater an dem Entwurf in dem früher von Ferdinand Porsche überreichten Exposé für einen Volkswagen (KdF-Wagen) beteiligt gewesen ist.
Gericht geht von einer zulässigen freien Benutzung der Zeichnungen aus
Das Landgericht Braunschweig hat zusätzlich geprüft, ob bei unterstellter Schutzfähigkeit der Zeichnungen und des Ur-Käfers der ab 2014 gebaute VW- Beetle eine Bearbeitung (§ 23 UrhG) oder eine freie Benutzung (§ 24 UrhG) dieser aus den 1930er Jahren stammenden Modelle darstellt. Wegen der erheblichen Unterschiede in dem Design hat das Gericht einen übereinstimmenden Gesamteindruck verneint und ist von einer zulässigen freien Benutzung ausgegangen. Gegen das Urteil kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden.
Gericht:
Landgericht Braunschweig, Urteil vom 19.06.2019 - 9 O 3006/17
LG Braunschweig
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