50% meines Erbes sollen die beiden Enkelkinder zu gleichen Teilen bekommen. Aber nur, wenn sie mich regelmäßig d.h. mindestens sechsmal im Jahr besuchen. Sollte das nicht der Fall sein, d.h. mich keiner besuchen kommt, werden die restlichen 50 % des Geldes zwischen meiner Frau und meinem Sohn aufgeteilt.
Der Sachverhalt
Die Beschwerdeführer sind die Enkel des Erblassers. Die Erbregelung war den Familienangehörigen zu Lebzeiten des Erblassers bekannt. Die damals minderjährigen Enkel erfüllten die jährliche Besuchszahl nicht. Die Ehefrau des Erblassers sowie der Sohn beantragten die Erteilung eines Erbscheins, der sie als hälftige Miterben ausweisen sollte. Das Nachlassgericht hatte diesem Antrag entsprochen.
Die Entscheidung
Die Beschwerde der beiden Enkel hatte vor dem OLG Frankfurt Erfolg. Die von dem Erblasser aufgestellte aufschiebende Bedingung, die die Erbenstellung der Beschwerdeführer von der Erfüllung einer ihnen auferlegten Besuchspflicht bei dem Erblasser abhängig macht, ist sittenwidrig und damit nichtig, führte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main aus.
Grundsätzlich sei zwar die im Grundgesetz geschützte Testierfreiheit eines Erblassers zu gewährleisten. Es müsse möglich sein, die Erbfolge nach seinen eigenen Vorstellungen zu gestalten.
Hier stellten sich die eingeforderten regelmäßigen Besuche der Enkelkinder als Voraussetzung für die Erlangung der Erbenstellung als sittenwidrig dar. Grundsätzlich sei zwar nichts gegen den Wunsch einzuwenden, seine Enkelkinder in regelmäßigen Abständen zu sehen.
In der hier gewählten Form habe der Großvater jedoch faktisch seine Enkelkinder - unter Zwischenschaltung der Eltern - durch Inaussichtstellen der Erbenstellung im Falle regelmäßiger Besuche dem Druck ausgesetzt, zur Erlangung eines Vermögensvorteils zwingend die im Testament genannten Besuchsbedingungen zu erfüllen.
Dabei seien die hier zu erlangenden Vermögensvorteile im oberen 5-stelligen Bereich auch erheblich gewesen. Der Erblasser habe über dieses Druckmittel gerade ein Verhalten seine Enkelkinder erreichen wollen, das regelmäßig deren innere, freie Überzeugung voraussetze. Eine derartige Einflussnahme des Erblassers auf die Entschließungsfreiheit seiner Enkelkinder ist von der Rechtsordnung auch im Hinblick auf die Testierfreiheit des Erblassers nicht hinzunehmen und damit als sittenwidrig und somit nichtig einzuordnen, betont das Oberlandesgericht Frankfurt in seinem Urteil (Az. 20 W 98/18).
Die Nichtigkeit der Besuchsbedingung führe jedoch nicht zur Nichtigkeit der Erbeinsetzung. Hätte der Erblasser gewusst, dass die von ihm testierte Besuchsbedingung unwirksam wäre, sei davon auszugehen, dass er seine beiden Enkelkinder trotzdem als Miterben eingesetzt hätte. Dafür spreche gerade die von ihm gewünschte enge Bindung zu den Enkeln.
Gericht:
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 05.02.2019 - 20 W 98/18
OLG Frankfurt a.M., PM 12/2019
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