Ein privater Autoverkäufer bot auf eBay einen Daimler Benz mit einem Kilometerstand von 152.000 km an. Nach einer Anzahlung von 500 Euro wurde die ebay-Auktion abgebrochen und der Vertrag beim Verkäufer geschlossen. Nach der ersten Inspektion stellte sich heraus, dass der Tachostand bereits vor 5 Jahren bei 234.000 km lag.

Der Sachverhalt

Ein privater Verkäufer bot auf eBay einen ca. zehn Jahre alten PKW Daimler Benz E 270 an. In der Beschreibung gab er an: "Kilometerstand 152.000 km", "An der hinteren Stoßstange sind ein paar Kratzer (nichts schlimmes)", darüber hinaus: "Das Auto wird ohne Garantie und Gewährleistung verkauft".

Der Käufer rief den Verkäufer unter der angegebenen Telefonnummer an. Die Parteien vereinbarten einen Kaufpreis von 6.000 € unter der Bedingung, dass der Verkäufer die Auktion abbreche, sobald der Käufer eine Anzahlung von 500 € leiste, was dieser kurz darauf veranlasste.

Der Käufer fuhr zum Verkäufer. Bei der gemeinsamen Besichtigung des Fahrzeugs erklärte Verkäufer, dass das Auto drei Vorbesitzer gehabt habe und dass er es selbst erst vor vier Wochen bei einem Dritten erworben hatte. Es wurden zwei TÜV Berichte übergeben. Der erste Bericht wies einen Kilometerstand von 135.387 km auf, der zweite Bericht einen Kilometerstand von 147.920 km. Serviceheft und Bedienungsanleitung waren nicht vorhanden. Die Parteien einigten sich auf einen Kaufpreis von 5.850,00 €.

Der Käufer fuhr mit dem Auto an seinen Heimatort zurück und stellte das Fahrzeug bei der dortigen Daimler Benz-Niederlassung vor. Dort teilte man ihm mit, dass der Wagen bei einer Inspektion vor 5 Jahren bereits eine Laufleistung von 234.000 km aufgewiesen habe. Der Käufer verlangt die Rückabwicklung. Mit der Angabe des Kilometerstandes habe der Verkäufer eine Eigenschaft zugesichert, die tatsächlich nicht vorhanden gewesen sei. Der klagende Käufer meint, der Kaufvertrag sei bereits am Telefon geschlossen worden, so dass er das Fahrzeug nicht vorher habe prüfen können und sich auf die Angaben in dem ebay-Angebot habe verlassen dürfen.

Die Entscheidung

Die Frage, ob die Angabe der Laufleistung als Beschaffenheitsangabe (§ 434 Abs. 1 Satz 1) oder als Beschaffenheitsgarantie (§ 444 Alt. 2) zu bewerten ist, muss unter Berücksichtigung der beim Abschluss eines Kaufvertrages über ein Gebrauchtfahrzeug typischerweise gegebenen Interessenlage beantwortet werden (BGH NJW 2007, 1346, 1348).

Gebrauchtwagenhändler

Hierbei kommt es zunächst auf die Stellung des Verkäufers an. Ist er ein Gebrauchtwagenhändler, kann in einer beim Gebrauchtwagenkauf ohne Einschränkung oder Zusätze abgegebenen Erklärung des gewerblichen Gebrauchtwagenhändlers zu einer bestimmten Kilometerlaufleistung des Fahrzeugs die Übernahme einer Beschaffenheitsgarantie liegen (OLG Düsseldorf NJW-RR 2013, 761).

Privater Verkäufer

Anders ist dies jedoch zu bewerten, wenn es sich bei dem Verkäufer um eine Privatperson handelt, wie im vorliegenden Fall. Beim Privatverkauf steht dem Interesse des Käufers gleichwertig das Interesse des Verkäufers gegenüber, für nicht mehr als dasjenige einstehen zu müssen, was er nach seiner laienhaften Kenntnis zu beurteilen vermag (BGH NJW 1991, 1880). Der Käufer kann nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass der Verkäufer als Laie nachprüfen kann, ob der Tachometerstand die Laufleistung des Fahrzeugs zutreffend wiedergibt.

Wissenserklärung des Verkäufers

Der Verkäufer hat in dem Internetinserat einen Kilometerstand von 152.000 km angegeben. Beinhaltet das Angebot des Verkäufers lediglich die Angabe eines "Kilometerstandes", stellt sich dies aus der maßgeblichen Käufersicht grundsätzlich nicht als bloße Wiedergabe des Tachometerstandes dar, sondern ist Angabe der für den Käufer entscheidenden Laufleistung des Fahrzeugs, sofern kein deutlicher gegenteiliger Hinweis gegeben ist (BGH NJW 2007, 1346, 1347). Einen gegenteiligen Hinweis oder klärenden Zusatz (z.B. "laut Angaben des Vorbesitzers", "abgelesener Tachostand") hat der Beklagte in sein Inserat zwar nicht aufgenommen. Es ist jedoch unstreitig, dass dem Kläger bei Besichtigung des Autos die TÜV-Berichte übergeben wurden und der Kläger daraufhin den Kilometerstand nicht weiter problematisiert hat, wie sich aus seiner persönlichen Anhörung im Termin ergibt. Der Beklagte hatte auch darauf hingewiesen, dass er das Fahrzeug selbst erst vor fünf Wochen erworben hatte und dass es bereits drei Vorbesitzer gab. Diese Erklärungen des Verkäufers lassen nicht auf eine Beschaffenheitsvereinbarung, sondern auf eine bloße Wissenserklärung schließen (vgl. dazu BGH NJW 2008, 1517, 1518; Palandt-Weidenkaff a.a.O, § 434 Rn. 68). Schließlich war es für den Kläger aus den Umständen ohne weiteres erkennbar und nachvollziehbar, dass sich der Beklagte mit diesen Angaben lediglich auf die ihm zugänglichen und auch dem Kläger zugänglich gemachte Quellen (Tachostand und TÜV Berichte) berief und nicht etwa auf eigenes Wissen oder eigene überlegene Kenntnis und daher auch nicht in vertraglich bindender Weise für die Richtigkeit dieser Angaben einstehen wollte.

Unterschied zum BGH-Fall Az. VIII ZR 92/06

Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall von dem Fall, der der Entscheidung des Bundesgerichtshof vom 29.11.2006 (VIII ZR 92/06, NJW 2007, 1346) zugrunde lag: Dort hatte der Kläger das Fahrzeug ohne persönliches Gespräch und ohne Inaugenscheinseinnahme direkt über das Kaufformular bei ebay erstanden. Dort war wegen der besonderen Schutzwürdigkeit des Klägers von einer Beschaffenheitsvereinbarung ausgegangen worden.

Vorliegend bestand jedoch keine besondere Schutzwürdigkeit des Klägers: Der Kaufvertrag wurde zwischen den Parteien nicht unmittelbar auf Grund des Angebots bei eBay abgeschlossen. Es kam vielmehr zu einem am Telefon nach persönlichem Gespräch geschlossenen und sodann schriftlich geänderten Kaufvertrag, nachdem der Beklagte die Auktion bei eBay aufgrund der Anzahlung von 500,00 € abgebrochen und der Kläger das Fahrzeug in Augenschein genommen hatte. Demnach musste er sich nicht ausschließlich auf das im Internet eingestellte Foto und die Angebotsbeschreibung des Beklagten verlassen.

Stillschweigende Garantieübernahme nur im Ausnahmefall

Es ist nur im Ausnahmefall, nämlich dann, wenn besondere Umstände vorliegen, die bei dem Käufer die berechtigte Erwartung wecken, der Verkäufer wolle für eine bestimmte Eigenschaft einstehen, von einer stillschweigenden oder schlüssigen Garantieübernahme auszugehen. So kann es sich etwa verhalten, wenn der Verkäufer bei den vorvertraglichen Verhandlungen auf ausdrückliche Nachfrage erklärt, die Gesamtleistung des Fahrzeugs stimme mit dem Tachometerstand überein (OLG Koblenz NJW 2004, 1670, 1671) oder wenn der Verkäufer sich als Erstbesitzer bezeichnet, denn auf die Kilometerangabe einer Verkäufers, der sein Fahrzeug vom "Tachostand Null" an kennt, darf der Käufer in aller Regel vertrauen (OLG Köln NJW 1999, 2601, 2602).

Gericht:
Landgericht Kiel, Urteil vom 13.08.2014 - 9 O 262/13

LG Kiel
Rechtsindex - Recht & Urteile
Ähnliche Urteile:

Schadensersatz - Das Oberlandesgericht Koblenz hat die Auffassung des Landgerichts Koblenz bestätigt, dass ein Käufer, der bei einer vom Verkäufer nach kurzer Zeit abgebrochenen Internetauktion ein hochwertiges Fahrzeug für 5,50 Euro ersteigert, das Fahrzeug jedoch nicht erhält, vom Verkäufer nicht ohne Weiteres Schadensersatz verlangen kann. Urteil lesen

Kontosperrung - eBay säubert im Interesse des Kundenschutzes mit scharfen Maßnahmen den von ihm zur Verfügung gestellten Internetmarktplatz. Betroffen sind vor allem diejenigen gewerblichen Verkäufer, die den seit Anfang 2007 geltenden verschärften Zuverlässigkeitsanforderungen nicht entsprechen. Bei Verstößen gegen seine Vorgaben kündigt eBay die Verträge fristlos und sperrt von einem auf den anderen Tag die Konten der Händler. Urteil lesen

Bei eBay kann der Verkäufer seine Ware nicht nur versteigern, sondern auch mithilfe der "Sofort-Kaufen-Option" zu einem Festpreis verkaufen. Verwechselt er aus Versehen die beiden Optionen und teilt dem Käufer diesen Fehler unmittelbar nach dem Kauf mit, hat er den Kaufvertrag rechtswirksam angefochten. Urteil lesen

Pressemeldung - Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte darüber zu entscheiden, ob der Käufer eines gebrauchten Kraftfahrzeugs ohne vorherige Fristsetzung vom Kaufvertrag zurücktreten kann, wenn die bei Abschluss des Kaufvertrages vorhandene Originallackierung vor der Auslieferung des Fahrzeugs beschädigt wird. Urteil lesen

Werbung
Werbung auf Rechtsindex.de