Ein Gewerbe betreiben darf grundsätzlich jeder. Eine besondere Erlaubnis oder Zulassung ist nur bei manchen Berufen nötig, zum Beispiel für Gastwirte, Bewachungsunternehmer oder Immobilienmakler. Allerdings können die Behörden jedem Gewerbetreibenden die gewerbliche Tätigkeit untersagen.

Dies geschieht, wenn seine gewerberechtliche Zuverlässigkeit nicht mehr gegeben ist und die Allgemeinheit vor seinem Geschäftsgebaren geschützt werden muss. Fälle, in denen man dies annimmt, sind zum Beispiel: wiederholte ausbleibende Steuerzahlungen, ausbleibende Zahlungen gegenüber Sozialversicherungsträgern oder der Berufsgenossenschaft, Straftaten in Zusammenhang mit der Ausübung des Gewerbes. Die D.A.S. Rechtsschutzversicherung stellt drei Urteile zum Thema "Gewerberechtliche Unzuverlässigkeit" vor.

Fall 1: Selbstständiger Schachlehrer mit pädophilen Neigungen

Vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart kam der Fall eines selbstständigen Schachlehrers zur Verhandlung. Der Mann hatte sich seinen Lebensunterhalt verdient, indem er an Schulen, in Vereinen und privat das Schachspiel unterrichtete. Seine Schüler waren hauptsächlich Kinder und Jugendliche. Nun lief gegen den Schachlehrer ein Ermittlungsverfahren wegen Verbreitung von Kinderpornographie im Internet. Die zuständige Behörde untersagte ihm sofort die Beaufsichtigung von Kindern und minderjährigen Jugendlichen im Rahmen des Schachunterrichts. Er wehrte sich gegen die Entscheidung: Das Ermittlungsverfahren laufe noch, es liege kein rechtskräftiges Strafurteil gegen ihn vor.

Das Verwaltungsgericht bestätigte jedoch die behördliche Entscheidung: Unzuverlässig sei, wer keine Gewähr dafür biete, dass er sein Gewerbe in Zukunft ordnungsgemäß ausüben werde. Eine strafrechtliche Verurteilung sei nicht Voraussetzung für die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit. Es komme auf die zugrunde liegenden Tatsachen an. Diese seien erwiesen. Bei einer Hausdurchsuchung seien über 3.000 kinderpornographische Bilder gefunden worden. Den Besitz dieser Bilder habe der Mann gegenüber der Polizei verharmlost. Früher sei er bereits einmal wegen dieses Delikts verurteilt worden. All dies reiche aus, um ihm den beruflichen Umgang mit Kindern und Jugendlichen mit sofortiger Wirkung zu untersagen. (Verwaltungsgericht Stuttgart, Beschluss vom 21. Januar 2011, Az. 4 K 5220/10)

Fall 2: Ausbleibende Zahlungen bei Finanzamt und Sozialkassen

Eine Frau hatte eine GmbH gegründet und dafür ein Gewerbe angemeldet, unter anderem für Videofilmverleih, Handel mit Unterhaltungselektronik und den Betrieb von Bistros, Backshops und Spielotheken. Das Finanzamt hatte seine liebe Not mit ihr: Sie leistete Steuervorauszahlungen teils nur nach Vollstreckungsankündigung, unterließ Umsatzsteuervoranmeldungen und gab keine Steuererklärungen ab, so dass ihre betrieblichen Einkünfte geschätzt werden mussten. Nach drei Jahren Gewerbetätigkeit waren über 23.000 Euro Steuerschulden aufgelaufen. Auch die Knappschaft Bahn-See musste die Sozialversicherungsbeiträge für Mitarbeiter der GmbH schätzen, auch hier gab es offene Forderungen. Ebenso ging es der Berufsgenossenschaft. Bei einer Anhörung des Gewerbeamtes behauptete die Geschäftsführerin hauptsächlich, keine Schulden zu haben beziehungsweise die entsprechenden Beitrags- und Steuerforderungen nicht erhalten zu haben. Das zuständige Landratsamt untersagte ihr jegliche gewerbliche Tätigkeit und auch die Leitung eines Gewerbebetriebes. Bei der gegen den Bescheid gerichteten Klage argumentierte die Frau, dass sie ihre Steuerschulden nun deutlich reduziert habe.

Das Verwaltungsgericht Augsburg bestätigte trotzdem den Untersagungsbescheid: Für dessen Rechtmäßigkeit sei die Sachlage zur Zeit seiner Erteilung maßgeblich. Die Klägerin habe seit Bestehen ihres Betriebes ihre steuerlichen Mitwirkungs- und Erklärungspflichten in erheblichem Umfang verletzt. Unter anderem habe sie in drei Jahren neunzehnmal die Umsatzsteuervoranmeldung unterlassen. Auch gegenüber Sozialversicherungsträgern sei sie ihren Pflichten nicht nachgekommen. Von ihrer Unzuverlässigkeit könne man daher auch künftig ausgehen. (Verwaltungsgericht Augsburg, Urteil vom 14. Februar 2013, Au 5 K 12.1215 )

Fall 3: Versicherungsmakler mit Steuerschulden

Ein Versicherungsmakler hatte rund 10.000 Euro an Steuerschulden angesammelt. Vier Jahre lang hatte er keine Steuererklärungen abgegeben. Im Schuldnerverzeichnis hatte er fünf Eintragungen, darunter auch eine Haftanordnung zur Erzwingung der Abgabe der Eidesstattlichen Versicherung. Die Gewerbebehörde widerrief schließlich die ihm erteilte besondere Gewerbeerlaubnis für die Tätigkeit als Versicherungsmakler. Er klagte gegen den Bescheid. Das Finanzamt habe ihm noch eine Frist zur Klärung seiner steuerlichen Verhältnisse und für die Ausarbeitung eines Zahlungsvorschlags gesetzt, welche noch nicht abgelaufen sei. Man könne ihm nicht vor Ablauf dieser Frist sein Gewerbe untersagen.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof sah dies anders. Behörden seien nur in sehr wenigen, gesetzlich geregelten Fällen verpflichtet, auf den Ausgang anderer Verfahren zu warten. Die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit resultiere hier daraus, dass er jahrelang keine Steuererklärungen abgegeben habe. Dass er derzeit noch an einem Schuldenbereinigungsplan arbeite, ändere nichts an seinem bisherigen unzuverlässigen Verhalten. Er habe derzeitige Schulden von 53.000 Euro und kein Einkommen oberhalb des Pfändungsfreibetrages. Als Versicherungsmakler sei er damit der Versuchung ausgesetzt, seine Kunden zum Abschluss nachteiliger Verträge zu drängen, um Provisionen zu verdienen. (Bayerischer VGH, Beschluss vom 15. April 2013, Az. 22 ZB 13.522)

Quelle: D.A.S. Rechtsschutzversicherung
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