Bei Schulunfällen, die auf Spielereien, Raufereien und übermütigem oder bedenkenlosem Handeln und damit auf typischem Verhalten von Schülern im Pubertätsalter beruhen, ist nach der gesetzlichen Regelung ein Anspruch auf Schmerzensgeld grundsätzlich ausgeschlossen, wenn der Schaden nicht vorsätzlich herbeigeführt worden ist.

Das LG Ansbach hat mit Urteil die Klage eines Schülers gegen einen Mitschüler auf Zahlung von Schmerzensgeld abgewiesen, nachdem der beklagte Schüler dem Kläger in der Schule eine Verletzung am Auge zugefügt hatte.

Der Sachverhalt

Der damals 15 Jahre alte Schüler verklagte seinen damals 14 Jahre alten Mitschüler, mit dem er gemeinsam eine Mittelschule im südlichen Landkreis Ansbach besuchte, sowie den Freistaat Bayern als Träger der Schule auf 50.000 Euro Schmerzensgeld, weil der Mitschüler ihn im Klassenzimmer in Abwesenheit einer Lehrkraft mit einem 1 Meter langen „Lehrerlineal“ am rechten Auge verletzte.

Der Kläger ist der Ansicht, der Mitschüler habe ihn vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig verletzt, weil er mit dem Lineal wild herumgefuchtelt und ihm dieses in das Auge gestoßen habe. Die Lehrer hätten ihre Aufsichtspflicht verletzt, weil sie während der Schulstunde zum Zweck einer privaten Feier im Lehrerzimmer die Schüler ca. 20 Minuten unbeaufsichtigt im Klassenzimmer gelassen hätten. Die Verletzung am Auge habe starke Schmerzen verursacht. Das Sehvermögen sei bis heute beeinträchtigt, ein Dauerschaden zu befürchten.

Die Beklagten hielten entgegen, zu der Verletzung sei es gekommen, weil der Kläger aufgestanden sei und sich in Richtung des Mitschülers gedreht habe. Dabei sei er unglücklicherweise durch das Lineal am Auge verletzt worden.

Das Urteil des Landgerichts Ansbach (Az. 2 O 1240/13)

Die mit der Sache befasste 2. Zivilkammer hat die Klage gegen beide Beklagte abgewiesen. Zur Begründung führte die Richterin aus, bei Schulunfällen dieser Art, die auf Spielereien, Raufereien und übermütigem oder bedenkenlosem Handeln und damit auf typischem Verhalten von Schülern im Pubertätsalter beruhen, sei nach der gesetzlichen Regelung ein Anspruch auf Schmerzensgeld grundsätzlich ausgeschlossen, wenn der Schaden nicht vorsätzlich herbeigeführt worden ist.

Das Gericht war nach der Beweisaufnahme nicht hinreichend davon überzeugt, dass der beklagte Schüler seinen Mitschüler vorsätzlich verletzt hat und dessen Augenverletzung herbeiführen wollte. Genauso gut könne es sein, dass der Schüler nur zum Spaß mit dem Lineal herumgefuchtelt und dabei nicht aufgepasst habe. Damit sei gegen ihn ein Schmerzensgeldanspruch ausgeschlossen.

Gleiches gelte für eine mögliche Aufsichtspflichtverletzung. Wenn –wie hier –nicht nachgewiesen sei, dass die Lehrer die Verletzungshandlung und deren Folgen vorhergesehen und trotzdem hingenommen hätten, scheide ein Anspruch mangels Vorsatzes ebenfalls aus.

Zum Hintergrund:

Für Schulunfälle dieser Art sind die Schüler durch die vom Schulträger (hier Freistaat Bayern) abzuschließende Unfallversicherung abgesichert. Die Unfallversicherung übernimmt allerdings nur materielle Schäden, wie z.B. Behandlungskosten, Fahrtkosten zu Ärzten oder eine beschädigte Brille. Schmerzensgeldansprüche gegen die Unfallversicherung sind gesetzlich ausgeschlossen. Diese können nur gegen den Schadensverursacher geltend gemacht werden, wenn diesem Vorsatz nachgewiesen kann. Grund für diese Regelung ist, dass Rechtsstreitigkeiten zwischen Schule und Schülern bzw. zwischen Schülern durch die Regulierung der Unfallversicherung möglichst vermieden und auf vorsätzliche Schädigungen beschränkt bleiben sollen.

Gericht:
Landgericht Ansbach, Urteil vom 18.6.2014 - 2 O 1240/13

LG Ansbach, PM 8/14
Rechtsindex - Recht & Urteile
Ähnliche Urteile:

Medizinrecht: Bei einem Kleinkind mit einer komplexen Fraktur muss der Arzt besonders sorgfältig behandeln. Eine unterlassene Überweisung an einen Kinderchirurgen und fehlende enge Behandlungskontrolle kann zu Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüchen führen. Urteil lesen

Nürnberg (D-AH) - Wird die Mitarbeiterin einer Tierklinik bei der Behandlung einer Katze von dieser gebissen, ist das ein Arbeitsunfall. Damit entfällt aber der Anspruch auf ein Schmerzensgeld durch den Arbeitgeber. Urteil lesen

Nürnberg (D-AH) - Es ist nicht diskriminierend, wenn einem HIV-infizierten Patienten die Toilette in seinem Mehrbettzimmer verwehrt wird und er eine Extra-Toilette auf dem Gang des Krankenhauses zugewiesen bekommt. Urteil lesen

Wer sich zum Training in ein professionelles Fitnessstudio begibt, darf sich darauf verlassen, dass die Trainingsgeräte in einem ordnungsgemäßen Zustand sind. Den Studiobetreiber treffen daher hohe Kontrollanforderungen. Wird er diesen nicht gerecht, so haftet er seinen Kunden für Schäden. Urteil lesen

Werbung
Werbung auf Rechtsindex.de