Bei Kindern ist es im Hinblick auf die Gefährlichkeit von Softair-Pistolen erforderlich, dass die Sorgeberechtigten eine umfassende Kontrolle über den Einsatz solcher Softair-Waffen seitens ihrer Kinder behalten. Es müsse gewährleistet sein, dass zeitnah eingegriffen werden könne, so das OLG Oldenburg.

Der Sachverhalt

Vier Kinder im Alter zwischen 10 und 13 Jahren spielten zusammen auf einem Parkplatz. Der Sohn der Beklagten und ein weiteres Kind hatten Softair-Pistolen dabei und trugen Schutzbrillen. Die beiden anderen Kinder, u.a. der Kläger hatten einen solchen Schutz nicht.

Bei einem vom Sohn der Beklagten abgegebenen Schuss wurde der Kläger am linken Auge verletzt. Er erlitt durch das Geschoss eine schwere Verletzung am linken Auge. Der Haftpflichtversicherer der Mutter hatte den Schaden zu 25 % übernehmen wollen. Die Zivilkammer des Landgerichts und der Senat nahmen hingegen eine 100 %-ige Haftung der Mutter an.

Das Urteil des Oberlandesgerichts Oldenburg (Az. 1 U 3/14)

Der Senat hat eine Aufsichtspflichtverletzung der allein sorgeberechtigten Mutter festgestellt und dazu ausgeführt, bei Softair-Pistolen handele es sich um Gegenstände mit deutlich erhöhtem Gefahrenpotenzial. Sie könnten zwar regelmäßig keine lebensgefährlichen Verletzungen herbeiführen, seien aber geeignet, nicht unerhebliche Verletzungen an empfindlichen Körperteilen zu verursachen. Hinzu komme als spezifische Gefahr bei Jugendlichen, dass sich beim Einsatz solcher Softair-Waffen ein Wettkampfgefühl bis hin zu einem übersteigerten "Jagdeifer" entwickeln könne, was zu einem gefährlichen, unüberlegten, ungesteuerten und exzessiven Einsatz solcher "Spielzeugwaffen" führen kann.

Sorgeberechtigte müssen umfassende Kontrolle behalten

Zumindest für Kinder, die noch keine 14 Jahre alt sind, sei es im Hinblick auf die Gefährlichkeit dieser Gegenstände erforderlich, dass die Sorgeberechtigten eine umfassende Kontrolle über den Einsatz solcher Softair-Waffen seitens ihrer Kinder behalten. Es müsse insbesondere gewährleistet sein, dass zeitnah eingegriffen werden könne, wenn etwa durch die Art des Spiels, die Spielteilnehmer oder deren Verhalten sich konkrete, besondere Gefahren ergeben.

Aufsichtspflichtverletzung der Mutter

Einer solchen umfassenden Aufsichtspflicht mit entsprechender Kontrolldichte ist die Mutter aus Sicht der Richter nicht nachgekommen. Abgesehen von einer angeblich erfolgten allgemeinen Ermahnung, die Softair-Pistole nur nach Anlegung des dafür vorgesehenen Gesichts- bzw. Augenschutzes einzusetzen und auf solche Schutzmaßnahmen auch bei anderen Spielteilnehmern zu bestehen, habe die Mutter ihren Sohn weitgehend unkontrolliert schalten und walten lassen. Dabei habe der Mutter klar sein müssen, dass ihr Sohn diese Anweisungen nur schwer gegenüber anderen Kindern durchsetzen konnte, wenn diese auch gerne an dem aus ihrer Sicht faszinierenden Spiel teilnehmen wollten, gleichwohl aber über keine Schutzausrüstung verfügten.

Ein ins Gewicht fallendes Mitverschulden des verletzten Kindes nahmen die Richter nicht an. Das Kind habe durchaus gewusst, dass das Spiel mit der Softair-Pistole gefährlich war und sich deshalb auch in einer bereits zuvor erlebten Spielsituation mit einer Kiste geschützt. Dennoch sei die Aufsichtspflichtverletzung der Mutter von einem solchen Gewicht, dass das Verhalten des geschädigten Kindes sich nicht erheblich auswirke. Die entscheidende, maßgebende Ursache für die Schädigung des Klägers sei durch den Sohn der Beklagten gesetzt und von einer schwerwiegenden schuldhaften Pflichtverletzung der Mutter verursacht worden, so der Senat.

Mutter muss auch zukünftige Folgeschäden übernehmen

Neben dem Ausgleich für die bereits erlittenen Schäden muss die Mutter auch künftig damit rechnen, vom verletzten Kind in Anspruch genommen zu werden. Ein Sachverständiger hatte festgestellt, dass durch die Verletzungen das linke Auge lichtempfindlicher geworden ist. Dies kann im Alter zu chronischen Bindehaut-Rötungen führen. Darüber hinaus besteht die Gefahr einer in 10 bis 20 Jahren eintretenden vorzeitigen Linsentrübung, die eine sodann risikoreichere graue Star-Operation zur Folge haben kann. Schließlich kann die Eignung für bestimmte Berufe, beispielsweise im Flugverkehr und in der Seefahrt eingeschränkt sein. Der Senat stellte deshalb fest, dass auch künftig eintretende Schäden von der Mutter zu ersetzen sind und bestätigte die Entscheidung des LG Aurich, mit der die Mutter zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 5.000 €  verurteilt worden ist.

Gericht:
Oberlandesgericht Oldenburg, Urteil vom 17.06.2014 - 1 U 3/14

OLG Oldenburg, PM
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