Das Kammergericht bestätigte jetzt in einem Berufungsurteil im Wesentlichen ein Urteil des Landgerichts, durch das die Verkäuferin zur Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückübertragung des Wohnungseigentums verurteilt worden war.

Der Sachverhalt

Nach dem Urteil des KG Berlin kaufte eine Frau 2006 ein Eigentumswohnung zum Preis von 76.200,-- EUR. Nun hat sie sich auch in zweiter Instanz mit ihrem Klagebegehren durchgesetzt, den Kaufvertrag aus dem Jahre 2006 wegen sittenwidrig überhöhten Kaufpreises rückabzuwickeln. Im Kaufvertrag sei eine Wohnfläche von 40,23 m2 angegeben, tatsächlich betrage sie lediglich 31,92 m2.

Bei der Berechnung der Wohnfläche habe die Verkäuferin zu Unrecht eine zwar geplante, aber bislang nicht errichtete Terrasse mit einer Fläche von 12,82 m2 berücksichtigt. Außerdem lag der Verkehrswert der verkauften Wohnung im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses im Jahr 2006 lediglich bei 29.000,-- EUR.

Das Kammergericht bestätigte im Wesentlichen das Urteil des Landgerichts, durch das die Verkäuferin zur Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückübertragung des Wohnungseigentums verurteilt worden war.

Die Entscheidung

Die Sittenwidrigkeit ergebe sich aus einem auffälligen Missverhältnis zwischen dem verlangten Kaufpreis und dem tatsächlichen Wert der Wohnung, so der 11. Zivilsenat in seinem Urteil.

Einem Kaufpreis in Höhe von 76.200,- EUR habe ein sachverständig festgestellter Wohnungswert in Höhe von lediglich 29.000,- EUR für die knapp 33 m² große Wohnung gegenübergestanden. Zu Recht habe das Landgericht daraus auf eine "verwerfliche Gesinnung" der Verkäuferin geschlossen. Diese könne sich nicht mit einem Bericht über die Einschätzung des Verkehrswertes rechtfertigen, den sie seinerzeit eingeholt habe und der zu einem durchschnittlichen Marktwert in Höhe von 1.790,00 EUR/m² gelangt sei.

Dieser Bericht beruhe erkennbar auf der Annahme, dass vor dem Verkauf noch umfangreiche Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten durchgeführt würden; er bilde offensichtlich nicht den Verkehrswert Ende 2006 ab.

Nach dem Urteil muss sich die Klägerin allerdings auf ihren zurückverlangten Kaufpreis Mieteinnahmen aus der Wohnung in Höhe von 11.063,25 EUR ebenso anrechnen lassen wie Nutzungsvorteile, die sie dadurch erlangt hat, dass sie die Wohnung zeitweilig selbst genutzt hat.

Themenindex:
Wucher, Wucherpreis

Gericht:
Kammergericht Berlin, Urteil vom 15.06.2012 - 11 U 18/11

Vorinstanz:
Landgericht Berlin, Urteil vom 15. April 2011 - 20 O 30/10

KG Berlin, PM Nr. 40/2012
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