Wird ein Bestattungsinstitut mit der Einäscherung eines Verstorbenen beauftragt, muss die Auftraggeberin auch die Kosten tragen, wenn sich später herausstellt, dass sie gar nicht die Tochter des Verstorbenen ist.

Der Sachverhalt

Im Jahr 2010 beauftragte die spätere Beklagte ein Bestattungsinstitut mit einer Feuerbestattung für ihren verstorbenen Vater. Nach der Einäscherung fiel Ihr jedoch bei Durchsicht der Unterlagen auf, dass der Verstorbene nicht ihr Vater war. Anhand des Familienbuches konnte sie nämlich erkennen, dass zum Zeitpunkt ihrer Geburt ihre Mutter ihren "Vater" noch gar nicht kannte. Diese heirateten erst Jahre später. Als erstes Kind beider war im Familienbuch ihr Bruder eingetragen.

Die vermeintliche Tochter sah hier einen Grund den geschlossenen Vertrag anzufechten und verweigerte die Zahlung an das Bestattungsinstitut. Dieses erhob darauf hin Klage vor dem Amtsgericht München auf Zahlung der vereinbarten Summe.

Die Entscheidung

Das Amtsgericht gab dem Bestattungsinstitut Recht. Die Auftraggeberin habe unstreitig eine Kostenübernahmeerklärung für die Einäscherung abgegeben. Diese Erklärung sei nicht wirksam angefochten worden. Die Tatsache, dass die Beklagte erst nach dem Tod des Vaters festgestellt habe, dass sie entgegen ihrer Annahme doch nicht seine Tochter gewesen sei, sei sicherlich für diese persönlich belastend, stelle jedoch keinen Anfechtungsgrund dar, insbesondere keinen Eigenschaftsirrtum. Die Stellung als Tochter sei in keinster Weise Gegenstand der vertraglich vereinbarten Leistung gewesen. Ein Irrtum über "ihre Eigenschaft als Tochter" sei daher kein Eigenschaftsirrtum im Rechtssinne, sondern bloß ein unbeachtlicher Motivirrtum, der nicht zur Anfechtung berechtige.

Grundsätzlich gilt "pacta sunt servanda"


Einmal geschlossene Verträge sind einzuhalten. Eine Anfechtung ist nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Ein Anfechtungsgrund (neben der arglistigen Täuschung und der Drohung) ist dabei der Irrtum. Aber nicht jeder Irrtum ist dabei erheblich. Anfechten kann zum Beispiel jemand, der sich über die Bedeutung dessen, was er gesagt hat, nicht im Klaren war. Auch versprechen, verschreiben, vergreifen kann zur Anfechtung berechtigen. Ein Irrtum über eine Eigenschaft ist aber nur dann ein Anfechtungsgrund, wenn die Eigenschaft für den Vertrag (damit für beide Vertragspartner) wesentlich war.

Im Übrigen gilt: Grundsätzlich hat der Erbe die Kosten der Beerdigung zu tragen. Existiert aber ein Vertrag mit dem Beerdigungsinstitut, ist es völlig unerheblich wer Erbe ist. Der vertragliche Anspruch besteht unabhängig davon.

Gericht:
AG München, Urteil vom 03.02.2011 - 271 C 26136/10

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