Wenn Sie schlechte Laune haben, dann wichsen Sie mich nicht von der Seite an, sagte ein Mitarbeiter zu seinem Chef und wurde außerordentlich gekündigt! Zu Unrecht, entschied mit Urteil das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz.

Der Sachverhalt

Ein 36-jähriger Arbeitnehmer ist seit knapp 20 Jahren bei dem beklagten Unternehmen beschäftigt. An einem Freitag begab er sich gegen 10:30 Uhr zu einem Arzt und kehrte gegen 11:50 Uhr in den Betrieb zurück. Er suchte den Marktleiter, dieser war jedoch gerade mit einer Warenannahme beschäftigt. Er legte seine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung im Warenannahmebüro ab. Kurz darauf kam der Marktleiter in dieses Büro, sah die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und ließ seinen Mitarbeiter ausrufen. Der Arbeitnehmer befand sich noch im Betrieb und meldete sich von einem internen Telefon in der Nähe eines Aufenthaltsraumes.

Im Telefongespräch äußerte der Marktleiter, er, der Mitarbeiter, solle sich schon einmal mit dem Betriebsrat bzw. dessen Vorsitzender auseinandersetzten und da komme noch etwas. Hier sah sich der Arbeitnehmer mit einer  Kündigungsdrohung konfrontiert. Das Telefonat endete seitens des Arbeitnehmers lautstark mit den Worten: "Wenn Sie schlechte Laune haben, dann wichsen Sie mich nicht von der Seite an." Der Arbeitnehmer knallte den Hörer auf und sagte anschließend im Beisein anderer Personen einen Satz, der wiederum mit dem Begriff "Wichser" begann. Der Arbeitnehmer verließ im Anschluss den Markt.

Mit Zustimmung des Betriebsrates kündigte das Unternehmen das Arbeitsverhältnis außerordentlich.

Der klagende Arbeitnehmer trägt vor, dass ein wichtiger Kündigungsgrund trotz seiner Äußerungen nicht vorliege. Es handele sich um ein Augenblicksversagen, verursacht durch Provokation und Androhung der Kündigung im Telefonat.

Die Entscheidung

Das Arbeitsverhältnis der Parteien wurde durch die außerordentliche Kündigung nicht beendet.

Der Arbeitnehmer hatte eine ärztliche Untersuchung vorgenommen, sich daraufhin sofort in den Betrieb begeben, seine Arbeitsunfähigkeit angezeigt und seine Arbeitsunfähigkeit nachgewiesen. Warum ihm also am Telefon mit einer Kündigung gedroht wurde, ist nicht nachvollziehbar.

Berücksichtigt man die Umstände, dass der Arbeitnehmer sich mit einer unberechtigten Kritik versehen sah, dann ist die anschließende Beleidigung zwar nicht entschuldigt oder gerechtfertigt und stellt sich immer noch als schwere Störung des Arbeitsverhältnisses dar, lässt aber die Verfehlungen in einem weniger strengen Licht erscheinen.

Die Äußerung stehen also in einem zeitlichen und örtlichen unmittelbaren Zusammenhang und sind allein geprägt durch die besondere emotionale Ausnahmesituation, die den Kläger veranlasst hat, derart ausfallend zu werden. Ob eine andere Beurteilung gerechtfertigt wäre, wenn der Kläger nach einer längeren Überlegungsphase die beleidigenden Äußerungen wiederholt hätte, kann an dieser Stelle offen bleiben. Ein derartiger Sachverhalt liegt ersichtlich nicht vor.

Themenindex:
Fristlose Kündigung, Beleidigung

Gericht:
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18.08.2011 - 2 Sa 232/11

Redaktion Rechtsindex (ka)
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