Der Sachverhalt
Die Klägerin beabsichtigt, im Januar 2015 unter dem Namen "KÖRPERWELTEN Museum Berlin" eine Dauerausstellung von plastinierten menschlichen Körpern und Körperteilen zu eröffnen. Bisher wurden die Plastinate als Wanderausstellung in Deutschland in insgesamt 19 Städten, darunter bereits dreimal in Berlin gezeigt, ohne dass das zuständige Bezirksamt bestattungsrechtliche Bedenken geltend gemacht hatte.
Das für den nunmehrigen Ausstellungsort zuständige Bezirksamt Mitte von Berlin teilte der Klägerin mit, die öffentliche Ausstellung von Leichen sei nach dem Berliner Bestattungsgesetz grundsätzlich verboten, und lehnte die Erteilung einer von der Klägerin hilfsweise beantragten Ausnahmegenehmigung ab.
(1) Leichen dürfen nicht öffentlich ausgestellt werden. Das Öffnen oder Offenlassen des Sarges während der Bestattungsfeierlichkeiten ist verboten.
Die Klägerin machte mit ihrer Klage geltend, bei Plastinaten handele es sich nicht um Leichen im Sinne des Bestattungsgesetzes. Die Regelung zum Ausstellungsverbot sei nicht auf sogenannte Anatomieleichen anwendbar und im Übrigen nicht mit der Wissenschaftsfreiheit vereinbar. Sie habe jedenfalls einen Anspruch auf eine Ausnahmegenehmigung, u.a. weil auch das Medizinhistorische Museum der Charité Leichen öffentlich ausstellen dürfe.
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin (VG 21 K 346.14)
Die 21. Kammer des Verwaltungsgerichts gab der Klage statt. Für die Ausstellung sei keine vorherige Genehmigung nach dem Bestattungsgesetz erforderlich. Auch wenn die Plastinate nach dem Wortlaut des Gesetzes immer noch Leichen seien, habe der Gesetzgeber des Berliner Bestattungsgesetzes solche plastinierten Leichen nicht mit erfassen wollen. Das Gesetz ziele auf die schnelle Bestattung Verstorbener ab. Weil Plastinate aber einer Bestattung weder zugänglich noch hierfür vorgesehen seien, erstrecke sich das Gesetz hierauf nicht.
Plastinate verwesen nicht
Plastinate würden nicht verwesen und könnten damit nicht auf einem Friedhof bestattet werden. Eine Feuerbestattung scheide aus, weil sie in den derzeit bestehenden Krematorien nicht eingeäschert werden könnten. Die Ausstellung von Plastinaten entspreche den seit jeher existierenden öffentlichen Sammlungen anatomischer Präparate, deren Bestattung der Gesetzgeber ebenfalls nicht miterfassen wollte.
Die Ausstellung unterliege daher nur dem allgemeinen Ordnungsrecht, so dass die Behörde etwa bei einem Verstoß gegen die öffentliche Ordnung einschreiten könne; einen solchen Verstoß hätten andere Gerichte nur bei einzelnen Ausstellungsstücken wie dem Objekt "Schwebender Akt" angenommen. Die Berufung wurde zugelassen.
Gericht:
Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 16.12.2014 - VG 21 K 346.14
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