Zeigt eine Ampel gelb, so geben viele Autofahrer Gas, um rasch noch über die Kreuzung zu fahren. Auch deshalb, weil sie Angst haben, selbst bei einer Vollbremsung nicht mehr vor der Haltelinie anhalten zu können. Doch ist das Überfahren der Haltemarkierung überhaupt das entscheidende Kriterium?
Mit diesem Thema mussten sich schon Gerichte verschiedener Instanzen beschäftigen. Denn die Straßenverkehrsordnung trifft eine klare Regelung in Bezug auf das Gelblicht: "Vor der Kreuzung auf das nächste Zeichen warten" (§ 37 Abs. 2 Nr. 1 Satz 5 StVO).
Vor dem 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm z. B. ging es am 30.05.2016 um ein erstinstanzliches Urteil des Landgerichts Dortmund. Der dort getroffenen Entscheidung lag nachfolgende Sachlage zugrunde.
Lastwagen bei Gelb über die Ampel
Der Kläger war mit einem Motorroller auf der ganz rechten von drei Fahrspuren unterwegs und wollte eine Kreuzung in Geradeausfahrtrichtung überqueren. Dabei fuhr er an der für ihn geltenden Ampel vor der Kreuzung, ohne zu stoppen, bei einem Wechsel vom Signal Gelb auf Grün vorbei. Aus der Gegenrichtung kam ihm der Beklagte mit einem Lastwagen auf der Linksabbiegespur entgegen und hatte die Absicht, an der Kreuzung links abzubiegen, weswegen er die Fahrspur des Klägers queren musste. Die für den Beklagten geltende Ampel war ungefähr 0,5 Sekunden vor dem Erreichen der Haltelinie von Grünlicht auf Gelblicht umgesprungen.
Obwohl der Kläger eine Vollbremsung durchführte, konnte er eine Kollision mit dem Sattelzug des Beklagten nicht mehr vermeiden. Dabei trug der Kläger ؘ– neben den entstandenen Sachschäden – unterschiedliche, teilweise schwere Verletzungen davon. In der Folge forderte er Schmerzensgeld und Schadensersatz vom beklagten Lkw-Fahrer und dessen Versicherung. Das Landgericht Dortmund gab dem Antrag des Klägers im Wesentlichen statt und nach Einlegung von Berufung durch den Beklagten bestätigte auch das OLG Hamm (OLG Hamm, Urteil vom 30.05.2016 – 6 U 13/16) dieses Urteil. Es nahm zugunsten des Motorrollerfahrers ein Verschulden in Höhe von 70 % der Haftungsquote an und sprach ihm nur 30 % Mitschuld zu. Das Mitverschulden des Klägers legte es somit nur mit 30 % der Haftungsquote fest.
Lastwagen hätte bremsen können
Das OLG begründete seine Entscheidung damit, dass der Beklagte den Lastwagen mit einer normalen Bremsung vor der Ampel hätte anhalten können. Die Tatsache, ob er vor der früher kommenden Haltelinie hätte stoppen können, sei nicht das entscheidende Kriterium.
Das für den Unfall ursächliche Verschulden des Klägers – der in den Kreuzungsbereich eingefahren war, ohne auf den sich ebenfalls im Bereich der Kreuzung bewegenden Sattelzug des Beklagten zu achten – stufte das OLG als weniger gewichtig ein.
Außerdem machte das Gericht mit diesem Urteil deutlich: Derjenige, der die Haltelinie überquert, ohne dass es dabei zu einem Verkehrsverstoß kommt, darf anschließend nicht in jedem Fall die gelb oder rot zeigende Ampel passieren. Andernfalls kann es sein, dass er den Querverkehr gefährdet.
Fazit
Wechseln die Lichtzeichen einer Ampel von Grün auf Gelb, sollten Sie unbedingt anhalten, wenn Ihnen das mit einer normalen Bremsung möglich ist. Wenn Sie nach einem Wechsel der Lichtzeichen von Grün auf Gelb in die Kreuzung einfahren, obwohl Ihnen mit einem normalen Bremsvorgang ein Stoppen zwar erst nach der Haltelinie, jedoch noch vor der Ampel möglich ist, verstoßen Sie schuldhaft gegen diese Regelung.
Für einen Gelblichtverstoß kann im Übrigen ein Verwarngeld in Höhe von 10,00 EURO fällig werden. Hierbei erhalten Sie im Normalfall keine Punkte. Wenn sich dabei aber ein Unfall ereignet, kann ein Bußgeld auf Sie zukommen, das deutlich höher ausfällt und dann in der Regel mit Punkten einhergeht. Damit kann auch ein Gelblichtverstoß für Sie eine teure Angelegenheit werden.
Boris Christof Böhm
Redakteur
anwalt.de services AG
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