Wer nach einem Verkehrsunfall auf Schadenersatz klagt, muss beweisen, dass der Schaden an seinem Kfz durch gerade diesen Unfall passiert ist. So soll gewährleistet werden, dass der Unfallverursacher nicht auch für Vorschäden am gegnerischen Fahrzeug "geradestehen" muss.

Geringere Schäden am Fahrzeug werden nach einem Unfall oft nicht beseitigt - schließlich kosten selbst diese Reparaturen zumeist ein "Heidengeld", z. B. wenn die gesamte Stoßstange bei einem Kratzer neu lackiert werden muss. Da nimmt man lieber eine leichte ästhetische Beeinträchtigung am Auto in Kauf. Das kann jedoch zu Problemen führen, wenn man in einen weiteren Unfall verwickelt wird und die Höhe des Schadens an seinem Pkw beziffern will. Kann nämlich nicht mehr geklärt werden, wann welcher Schaden entstanden ist, stellt sich die Frage, ob der Gegner die Zahlung von Schadenersatz verweigern darf.

Unfall auf der Autobahn

Ein Taxifahrer war gerade auf einer Autobahn unterwegs, als der vor ihm befindliche Fahrer sein Kfz stark abbremste und auch den Taxifahrer zum Abbremsen zwang. Dessen Hintermann konnte nicht mehr schnell genug reagieren und fuhr auf das Taxi auf. Zwar kam es auch zwischen dem ersten Fahrzeug und dem Taxi zu einer Kollision. Ob das Taxi jedoch auf den Vordermann aufgeschoben wurde oder ob der Taxifahrer mangels eigener Unaufmerksamkeit aufgefahren war, blieb streitig.

Einige Zeit später verlangte der Taxifahrer von seinem Hintermann, der ihm aufgefahren war, Schadenersatz - und zwar für sämtliche am Unfalltag entstandene Beschädigungen am Kfz. Der Hintermann verweigerte aber jede Zahlung. Er habe den Taxifahrer nicht auf das erste Kfz aufgeschoben, vielmehr sei dieser aus eigenem Verschulden seinem Vordermann aufgefahren. Er habe damit die Unfallsituation selbst herbeigeführt. Aus diesem Grund müsse er - der Hintermann - für die dabei entstandenen Schäden auch nicht aufkommen. Im Übrigen könne nicht mehr geklärt werden, welcher Schaden durch welche Kollision entstanden sei. Der Streit der Parteien endete vor Gericht.

Taxifahrer bleibt auf Schaden sitzen

Das Landgericht (LG) Köln gab dem Hintermann Recht und wies sämtliche Ansprüche des Taxifahrers zurück.

Für die Richter blieb nämlich bis zuletzt unklar, ob der geltend gemachte Schaden tatsächlich bei dem Auffahrunfall zwischen dem Taxifahrer und seinem Hintermann entstanden ist. Und ein Unfallverursacher muss nur für den Schaden einstehen, den er aufgrund seines Fahrfehlers herbeigeführt hat.

Zwei Auffahrunfälle hintereinander

Aufgrund diverser Zeugenaussagen kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass der Taxifahrer nicht durch seinen Hintermann auf das vor ihm befindliche Kfz aufgeschoben worden war. Vielmehr ist der Taxifahrer zeitlich vor diesem Unglück wohl seinerseits auf den Vordermann aufgefahren. Erst danach habe es erneut geknallt, als der beklagte Autofahrer in das Heck des Taxis prallte. Aufgrund der zwei hintereinander erfolgten Auffahrunfälle konnte jedoch nicht mehr geklärt werden, welcher Schaden im Frontbereich des Taxis bei welchem Zusammenstoß entstanden ist.

Wer muss Neuschäden nachweisen?

Bei Vorschäden an einem Kfz muss derjenige, der Ersatz verlangt, nachweisen, welcher Schaden vom beklagten Unfallgegner verursacht wurde. Kann er das nicht, hat er sprichwörtlich Pech gehabt - er geht leer aus. Man kann also nur Ersatz für Neuschäden verlangen, die klar von Vorschäden abgrenzbar sind. Hier muss das "Unfallopfer" alles tun, um eine entsprechende Feststellung zu ermöglichen. Verweigert es stattdessen Auskünfte über Vorschäden oder macht es nur pauschale Angaben, die eine Schadensschätzung nicht ermöglichen, kann es keinen Ersatz verlangen.

Vorliegend hat sich der Taxifahrer zum Gesamtschaden nur pauschal geäußert, anstatt genau aufzuschlüsseln, inwieweit sein Pkw durch das Auffahren seines Hintermanns in Mitleidenschaft gezogen worden ist. Damit war es dem Gericht nicht möglich, den zu ersetzenden Schaden zu ermitteln. Der Taxifahrer konnte daher keinen Cent von seinem Unfallgegner verlangen.

Gericht:
Landgericht Köln, Urteil vom 08.01.2016 - 16 O 452/14

Sandra Voigt
Assessorin
Redakteurin - Juristische Redaktion
Ein Beitrag von anwalt.de services AG

Unternehmensprofil:
anwalt.de ist eines der reichweitenstärksten Anwaltsportale im deutschsprachigen Raum und verfügt über eine eigene juristische Fachredaktion, die täglich interessante Artikel zu aktuellen Urteilen, neuen Gesetzen oder Gesetzesänderungen verfasst. Bei anwalt.de finden Sie den passenden Rechtsanwalt in Ihrer Nähe für jedes private oder berufliche Rechtsproblem.
Werbung
Werbung auf Rechtsindex.de