Der Sachverhalt
Ein Autofahrer stellte unberechtigt sein Fahrzeug auf dem Kundenparkplatz eines Fitnessstudios ab. Dessen Betreiberin beauftragte einen Abschleppdienst aufgrund eines mit dieser abgeschlossenen Rahmenvertrags mit dem Entfernen des Fahrzeugs. Hierfür war ein Pauschalbetrag von 250 € netto vereinbart. Die aus dem unberechtigten Parken entstandenen Ansprüche gegen den Autofahrer trat die Betreiberin des Studios an das Abschleppunternehmen ab.
Das Abschleppunternehmen schleppte das Fahrzeug ab. Später teilte das Unternehmen der Ehefrau des Autofahrers telefonisch mit, der Standort des Pkw werde bekannt gegeben, sobald der Fahrzeugführer benannt und der durch das Abschleppen entstandene Schaden von 250 € beglichen werde.
Der Autofahrer ließ das Abschleppunternehmen anwaltlich auffordern, ihm den Fahrzeugstandort Zug um Zug gegen Zahlung von 100 € mitzuteilen. Dem kam das Abschleppunternehmen nicht nach. Daraufhin hinterlegte der Autofahrer 120 € bei dem Amtsgericht. Das Abschleppunternehmen verweigerte weiterhin die Bekanntgabe des Standorts des Fahrzeugs und bezifferte den vom Autofahrer zu zahlenden Betrag mit 297,50 €. Sodann hinterlegte der Autofahrer weitere 177,50 €. Das Abschleppunternehmen teilte ihm danach den Standort des Fahrzeugs mit.
Der Autofahrer (Kläger) hält den vom Abschleppunternehmen (Beklagte) geforderten Betrag für zu hoch. Das Amtsgericht hat im Ergebnis entschieden, dass der Kläger von den Abschleppkosten nur 100 € zu tragen hat und dass die Beklagte ihn von seinen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 703,80 € freistellen muss. Das Landgericht hat die vom Kläger zu tragenden Abschleppkosten im Ergebnis auf 175 € abgeändert und die Klage im Übrigen abgewiesen.
Das Urteil des Bundesgerichtshofs (Az. V ZR 229/13)
Der Senat bestätigt damit seine bisherige Rechtsprechung. Das unberechtigte Abstellen von Fahrzeugen auf einem Kundenparkplatz stellt eine Besitzstörung bzw. eine teilweise Besitzentziehung dar. Diese darf der Besitzer der Parkflächen im Wege der Selbsthilfe beenden, indem er das Fahrzeug abschleppen lässt. Hiermit kann er schon im Vorfeld eines Parkverstoßes ein darauf spezialisiertes Unternehmen beauftragen.
Kostenerstattung des konkreten Abschleppvorgang und deren Vorbereitung
Die durch den konkreten Abschleppvorgang entstandenen Kosten muss der Falschparker erstatten, soweit sie in einem adäquaten Zusammenhang mit dem Parkverstoß stehen. Zu den erstattungsfähigen Kosten gehören nicht nur die reinen Abschleppkosten, sondern auch die Kosten, die im Zusammenhang mit der Vorbereitung des Abschleppvorgangs entstanden sind, etwa durch die Überprüfung des unberechtigt abgestellten Fahrzeugs, um den Halter ausfindig zu machen, das Anfordern eines geeigneten Abschleppfahrzeugs, das Prüfen des Fahrzeugs auf Sicherung gegen unbefugtes Benutzen, dessen Besichtigung von Inneren und Außen und die Protokollierung etwa vorhandener Schäden.
Keine Kostenerstattung von Parkplatzüberwachung oder Bearbeitungskosten
Nicht zu erstatten sind hingegen die Kosten für die Bearbeitung und außergerichtliche Abwicklung des Schadensersatzanspruchs des Besitzers, weil sie nicht unmittelbar der Beseitigung der Störung dienen. Auch Kosten für die Überwachung der Parkflächen im Hinblick auf unberechtigtes Parken muss der Falschparker nicht ersetzen; ihnen fehlt der Bezug zu dem konkreten Parkverstoß, denn sie entstehen unabhängig davon.
Begrenzung der Ersatzpflicht des Falschparkers durch das Wirtschaftlichkeitsgebot
Die Ersatzpflicht des Falschparkers wird durch das Wirtschaftlichkeitsgebot begrenzt. Er hat nur diejenigen Aufwendungen zu erstatten, die ein verständiger und wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Besitzers der Parkflächen machen würde. Maßgeblich ist, wie hoch die ortsüblichen Kosten für das Abschleppen und die unmittelbar mit der Vorbereitung des Abschleppvorgangs verbundenen Dienstleistungen sind. Regionale Unterschiede sind zu berücksichtigen. Dies wird das Landgericht durch Preisvergleich, notfalls durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu klären haben.
Autofahrer muss vorgerichtlichen Anwaltskosten tragen
Ein Anspruch auf Ersatz seiner vorgerichtlichen Anwaltskosten steht dem Kläger nicht zu. Denn im Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwalts hatte der Kläger den geschuldeten Schadensersatzbetrag weder gezahlt noch hinterlegt. Solange dies nicht geschehen war, stand der Beklagten an dem Fahrzeug ein Zurückbehaltungsrecht zu, so dass sie sich nicht im Verzug mit der Fahrzeugrückgabe befand.
Gericht:
Bundesgerichtshof, Urteil vom 04.07.2014 - V ZR 229/13
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