Auf der Bundesstraße fuhr ein Jäger, der ein überfahrenes Reh mit einem Seil an die Anhängerkupplung gebunden hatte und hinter sich her schleifte. Ein weiterer Autofahrer erstellte ein Bild und verbreitete es in den sozialen Medien. In der Zeitung wurde der Jäger als "Rabauken-Jäger" betitelt. Dagegen stellte er Strafantrag wegen Beleidigung.

Der Sachverhalt

Ein unbekannter Dritter beobachtete und fotografierte, wie das Fahrzeug des Jägers auf der stark befahrenen Bundesstraße kurz vor einer Abzweigung fuhr. An der Anhängerkupplung des Fahrzeuges war mit einem Seil ein Rehkadaver befestigt. Das Reh war durch ein Unfallereignis in Mitleidenschaft gezogen worden und lag schon längere Zeit.

Der Jäger zog den Kadaver wenige Meter bis zur nächsten Abzweigung über die Straße und verlud bzw. entsorgte es dann ordnungsgemäß. Der Nordkurier berichtete in der regionalen Ausgabe "Haff-Zeitung" über diesen Vorfall und betitelte den den Jäger als "Rabauken-Jäger". Der Jäger sieht den Tatbestand der Beleidigung gemäß § 185 StGB erfüllt. Dass der Jäger das Reh nicht etwa erlegt hatte, sondern mit seinem Verhalten lediglich der von dem Kadaver ausgehenden Gefahr für den Straßenverkehr begegnen wollte, stellte sich erst später heraus.

Das Amtsgericht Pasewalk sah den Redakteur der Beleidigung schuldig und verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von insgesamt 1000€ (20 TS). Das Landgericht Neubrandenburg, Urteil vom 05.02.2016 - 90 Ns 75/15 bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts.

Die Zeitschrift für das Juristische Studium (ZJS) setzt sich in einer Entscheidungsbesprechung mit dem Urteil des Landgerichts auseinander. Hier fasst Prof. Dr. Holm Putzke zusammen:

Steht in einem Zeitungsartikel die Diffamierung der Person und nicht die Auseinandersetzung mit der Sache im Vordergrund, handelt es sich bei der darin verwendeten Bezeichnung "Rabauken-Jäger" nicht nur um einen "Sprachwitz", sondern um eine ehrverletzende Kundgabe der Missachtung, selbst wenn der so bezeichnete Jäger zur Beseitigung eines Rehkadavers diesen mit einem Seil an seinem Auto befestigt und ihn in Schrittgeschwindigkeit ca. 100 Meter eine Straße entlang geschleift hat.

Das Oberlandesgericht Rostock hat den Redakteur jetzt vom Vorwurf der Beleidigung freigesprochen

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Rostock (Urteil, Az. 20 RR 66/16) bestehen schon erhebliche Zweifel, ob der Begriff "Rabauken-Jäger" in seiner konkreten Verwendung einen strafrechtlich relevanten herabsetzenden Charakter hat. Denn es sei zu bedenken, dass der Redakteur den Begriff des "Rabauken", der im allgemeinen Sprachgebrauch als Tadel für das ungestüme Verhalten junger Männer verwendet werde, in Bezug auf den als älteren Herren skizzierten Jäger aus Sicht des Lesers in eindeutig feuilletonistischironisierender Weise benutzt habe. Dies könne aber letztlich dahinstehen.

Jedenfalls sei die Begriffswahl im Rahmen der Güterabwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Jägers auf der einen und der Meinungs- und Pressefreiheit auf der anderen Seite strafrechtlich nicht zu beanstanden. Letztlich müsse sich der Jäger auch heftige Kritik gefallen lassen, da er mit seinem Verhalten objektiv gegen die Grundsätze weidmännischen Verhaltens verstoßen habe. Der Redakteur habe sogar noch versucht, den Jäger nach den Gründen für sein Verhalten zu befragen, dies sei aber wegen dessen urlaubsbedingter Abwesenheit nicht gelungen.

Deshalb könne man ihm angesichts der Tatsache, dass die sozialen Medien über den Vorfall schon diskutierten, nicht vorhalten, mit seinem Bericht nicht bis zu einer vollständigen Aufklärung der möglicherweise den Jäger entlastenden Hintergründe zugewartet zu haben. Insofern ginge das berechtigte Interesse der Presse an aktueller Berichterstattung vor.

Gericht:
Oberlandesgericht Rostock, Urteil vom 09.09.2016 - 20 RR 66/16

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