Sexueller Missbrauch bezeichnet sexuelle Handlungen an Minderjährigen oder an erwachsenen, widerstandsunfähigen Personen (z. B. Kranke, Behinderte, Hilfsbedürftige, Gefangene). Auch bei speziellen Behandlungs- und Betreuungsverhältnisse, werden sexuelle Kontakte als Missbrauch unter Strafe gestellt. Sexueller Missbrauch wird in Deutschland als schwerwiegendes Verbrechen angesehen mit einer regelmäßigen Strafandrohung von bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe.
Sexuelle Missbrauchshandlungen sind in zweierlei Weise strafbar: Zum einen kann eine Handlung ohne den Willen des Opfers vorgenommen werden, zum anderen kann eine Handlung scheinbar einvernehmlich vorgenommen werden, wobei der Täter jedoch dieses scheinbare Einvernehmen unter Ausnutzung der fehlenden Einwilligungskompetenz des Opfers oder einer besonderen Beziehung zu seinem Opfer herbeiführt. Handlungen gegen den Willen des Opfers unterliegen regelmäßig der sexuellen Nötigung / Vergewaltigung
Handlungen ohne den Willen des Opfers
Das Handeln ohne den Willen des Opfers unter Ausnutzen dessen sog. Widerstandsunfähigkeit, also wenn das Opfer beispielsweise schläft, stark alkoholisiert, bewusstlos oder geistig behindert ist, ist als sexueller Missbrauch Widerstandsunfähiger strafbar.
Handlungen unter Ausnutzung mangelnder Einwilligungsfähigkeit
Zu den (vermeintlich) einvernehmlichen sexuellen Missbrauchstaten gehören die Delikte, in denen das Opfer wegen jugendlichen Alters nicht in der Lage ist, die Bedeutung einer Einwilligung in die Vornahme sexueller Handlungen zu erfassen und danach zu handeln. Sexueller Missbrauch von Kindern bezeichnet sexuelle Handlungen an oder mit einem Kind, also Personen bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres. Sexueller Missbrauch von Jugendlichen bezeichnet sexuelle Handlungen meist Erwachsener mit Jugendlichen (Personen im Alter von 14 bis 17 Jahren), die gegen Entgelt stattfanden oder wenn die Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung des Jugendlichen fehlt und der Erwachsene dieses ausnutzt. Sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen bezeichnet sexuelle Handlungen einer Person mit Jugendlichen, wenn zwischen der Person und dem Jugendlichen ein Ausbildungs- bzw. Betreuungsverhältnis besteht oder es sich bei dem Jugendlichen um ein leibliches oder adoptiertes Kind handelt.
Ausnutzung einer besonderen Stellung
Aber auch sonst kann es (vor allem im Berufsleben) zu einer Vielzahl von Über- und Unterordnungsverhältnissen kommen, die teilweise für den Unterlegenen so erheblich sind, dass eine selbstbestimmte Einwilligung in die Vornahme sexueller Handlungen nicht mehr angenommen werden kann. Daher sind sexuelle Übergriffe innerhalb dieser Beziehungen generell strafbewehrt, wenn sie unter Ausnutzung einer derartigen Stellung erfolgen. Dies gilt daher auch bei gegenseitiger Zustimmung. Im Einzelnen sind hier zu nennen: Sexueller Missbrauch von Gefangenen, behördlich Verwahrten oder Kranken und Hilfsbedürftigen in Einrichtungen. Sexueller Missbrauch unter Ausnutzung einer Amtsstellung wenn der Täter als Amtsträger zur Mitwirkung an einem Strafverfahren oder einem auf eine freiheitsentziehende Maßnahme abzielenden Verfahren berufen ist und "unter Missbrauch" einer durch dieses Verfahren bestimmten Abhängigkeit die Vornahme sexueller Handlungen herbeiführt. Sexueller Missbrauch unter Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses sanktioniert sexuelle Handlungen, die im Rahmen eines qualifizierten Behandlungsverhältnisses, zum Beispiel zwischen Arzt und Patienten, vorgenommen werden.
Wichtig beim Vorwurf oder Anzeige einer Sexualstraftat ist immer diesen sehr ernst zu nehmen aber gleichzeitig ruhig zu bleiben und sich sofort an einen spezialisierten Anwalt zu wenden. Der Grund warum der Vorwurf einer Sexualstraftat so ungemein ernst zu nehmen ist, ist die Tatsache, dass neben der regelmäßig hohen Freiheitsstrafen (bis zu 15 Jahren) die im Falle einer Verurteilung drohen, der Nachweis und ein darauf gestütztes Urteil meist allein durch die Aussage des Opfers geführt wird. Das heißt, anders als vielfach behauptet, führt eine "Aussage gegen Aussage Konstellation" nicht zwangsläufig zu einer Pattsituation und einem Freispruch aus Mangel an Beweisen oder im Zweifel für den Angeklagten, vielmehr kommt es allein darauf an wem ein Staatsanwalt bzw. Richter mehr Glauben schenkt! (siehe hierzu auch nähere Informationen unter Erste Hilfe / Aussage gegen Aussage)
Gleichzeitig darf nicht übersehen werden, dass in solchen Konstellationen, wo wie beim sexuellen Missbrauch, regelmäßig Aussage gegen Aussage steht, vielfach gelogen oder zumindest nicht die vollständige Wahrheit erzählt wird. Nicht selten werden Sexualstraftaten dazu instrumentalisiert, um in Beziehungs- oder Sorgerechtsstreitigkeiten Vorteile zu ziehen oder sich gar zu rächen. Auch das Phänomen der Suggestion und Autosuggestion spielen in Sexualverfahren eine immer größere Rolle, das heißt es werden Sachverhalte erzählt die in Wirklichkeit nicht so oder anders statt gefunden haben, aber im Wege der Suggestion für wahr gehalten werden! (z.B. Träume, Eingeredetes, Fremderlebtes etc) Insoweit ist bei entsprechender juristischer und aussagepsychologischer Prüfung die Einstellungsquote solcher Verfahren überproportional hoch.
Aber selbst wenn nach entsprechender Beweislage und juristischer Würdigung sexualrechtliche Vorwürfe im Raum stehen bleiben, gibt es - insbesondere mit Blick auf die Vermeidung von gerichtlichen Zeugenvernehmungen und dem sog. Täter Opfer Ausgleich - nirgends wo sonst im Strafrecht solch suffiziente Lösungen zur Strafrahmenverschiebung und Strafmilderung wie im Strafrecht.
Wichtige Tipps:
- keine Aussage bei der Polizei (auch nicht wenn mit U-Haft gedroht wird!)
- sofort Anwalt kontaktieren (am besten Fachanwalt Strafrecht mit Schwerpunkt Sexualstrafrecht)
- mit niemandem über die Vorwürfe sprechen (diese Personen kommen als Zeugen in Betracht)
- keinen Kontakt zum (vermeintlichen) Opfer aufnehmen (sonst droht u.U. Haftbefehl)
Wer einer Sexualstraftat beschuldigt wird, braucht dringend einen kompetenten, erfahrenen und vor allem spezialisierten Rechtsanwalt. Denn bei Sexualstrafverfahren kommt es fast immer nur darauf an, wem letztendlich geglaubt wird: Dem vermeintlichen Täter oder dem vermeintlichen Opfer. Dabei gelten Sexualdelikte als Kapitalverbrechen mit einer regelmäßigen Straferwartung von bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe und stehen damit Delikten wie Mord und Totschlag gleich - nur mit dem gravierenden Unterschied, dass der Vorwurf eines Sexualdelikts nicht selten instrumentalisiert wird, beispielsweise in der Folge von familiengerichtlichen Verfahren oder anderen Streitigkeiten, um Rache zu üben oder gar irgendwelche Vorteile zu erlangen. Darüber hinaus findet die strafrechtliche Verteidigung auf dem Gebiet des Sexualstrafrechts vor dem Hintergrund einer hohen Emotionalisierung und Voreingenommenheit statt, weshalb der Anwalt hier besonders darauf achten muss, dass das Verfahren nach rechtsstaatlichen Grundsätzen, ohne Vorurteile und ohne Emotionalisierung der Prozessorgane durchgeführt wird. Gleichzeitig muss der Anwalt hervorragende interdisziplinäre Kenntnisse - vor allem auf dem Gebiet der Aussagepsychologie - haben, denn Sachbeweise wie Handyauswertungen, DNA Spuren oder gar Zeugen, sind im Sexualstrafverfahren entweder nicht vorhanden oder lassen sich plausibel erklären! Darüber hinaus sollte der Anwalt stets auch die Belange des Opfers bei der Entwicklung der konkreten Verteidigungsstrategie im Auge behalten und in geeigneten Fällen als Strafmilderungsgrund zum Einsatz bringen können, was angesichts der diffizilen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Täter-Opfer-Ausgleich in Sexualstrafverfahren hervorragende strafprozessuale Kenntnisse erfordert.
Autor und Kontakt:Anwaltskanzlei Stevens und Partner
Rechtsanwalt Alexander Stevens
Rechtsanwalt Stephan Lucas
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