Jedenfalls verleitet der unbegrenzte Getränkeausschank bei einem All-inclusive-Arrangement bekanntermaßen zu übermäßigem Alkoholgenuss - und daraus herzuleitende lautstarke Auseinandersetzungen sind kein ausreichender Grund für eine Vertragskündigung seitens des Reiseveranstalters.
Der Sachverhalt
Nach Mitteilung der Deutschen Anwaltshotline (www.anwaltshotline.de), hatten der betroffene Urlauber und seine Lebensgefährtin eine 18-tägige All-inclusive-Flugreise in die Türkei zum Gesamtpreis von 1.043 Euro gebucht.
Nach gut einer Woche wurde sie aber wegen angeblicher nächtlicher Ruhestörung der übrigen Gäste ihres ersten Hotels verwiesen. Die Reiseleitung kümmerte sich um ein Ausweichquartier. Doch unmittelbar nach der Ankunft im zweiten Hotel haben sich die Beiden sofort an die dortige Poolbar begeben, wo es dann wieder zum Eklat kam, so dass das Management sich weigerte, sie überhaupt erst einzuchecken. Unter anderem haben die beiden in unsittlicher Manier an der Bar Zärtlichkeiten ausgetauscht.
Den beiden blieb nur noch übrig, die Reise abzubrechen und sich den vorzeitigen Rückflug in eigener Regie zu organisieren. Mit erheblichen Mehrkosten, die sie nun vom deutschen Reiseveranstalter zurück verlangten.
Die Entscheidung
Zu Recht - zumindest was den Mehraufwand für die individuelle Heimreise angeht. Das Gericht folgte nicht der Argumentation des zahlungsunwilligen Touristikunternehmens, die Beiden wären permanent vollkommen betrunken gewesen und seien durch ihr Verhalten am Urlaubsort also selbst an der vorzeitigen Beendigung der Reise schuld.
Eine all-inclusive-Reise zeichne sich gerade dadurch aus, dass Speisen und Getränke unbegrenzt zur Verfügung stehen - einschließlich der Alkoholika. Insofern stelle der vermehrte Genuss alkoholischer Getränke in diesem Fall ein geradezu typisches Reiseverhalten dar.
Weshalb hier - so das Gericht - alkoholbedingte Verfehlungen in einem höheren Maße zu tolerieren sind, als dies normalerweise in Frage käme. Und wenn der Alkohol dabei zur mitunter lautstarken Eskalation eines Beziehungsstreits führt, halte sich das grundsätzlich im hinzunehmenden Rahmen.
Der Reiseveranstalter wurde verurteilt, den vorzeitigen Rückflug in Höhe von 146,50 Euro sowie die individuelle Zugfahrt vom Flughafen nach Hause in Höhe von 20 Euro zu ersetzen. Denn diese Zusatzkosten wären nicht entstanden, hätte sich der Urlaub vertragsgemäß in voller Länge bis zum gebuchten Abreisetag erstreckt.
Gericht:
Amtsgericht Viersen, Urteil vom 09.04.2013 - 2 C 446/11
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