Ein Fluggast erlitt Herzbeschwerden, weil ein anderer Fluggast während der Sicherheitsdemonstration durch die Besatzung, den Notausstieg betätigte und die Notrutsche auslöste. Der verärgerte Fluggast brach den Flug ab und  verlangt von dem anderen Urlauber die Erstattung des Reisepreises.

Der Sachverhalt

Am 26.11.2009 gegen 09.00 Uhr sollte der Abflug vom Stuttgarter Flughafen starten. Während der Sicherheitsdemonstration durch die Flugbesatzung, betätigte ein Fluggast die Funktion des Notausstieges und der Öffnungsmechanismus des Notausstieges und die Notrutsche wurden aktiviert. Der Abflug des Flugzeuges verzögerte sich deshalb um ca. 5 ½ Stunden.

Über diese Aktion regte sich der ein anderer Urlauber (Kläger) so sehr auf, dass er Herzbeschwerden bekam, die dann die bei ihm eingetretene Fluguntauglichkeit nach sich zogen. Der Kläger, dessen Ehefrau und der Sohn, nahmen gemeinsam Abstand von der Reise. Der Kläger steht auf dem Standpunkt, dass er den gesamten Reisepreis nutzlos aufgewandt hat. Vom anderen Urlauber begehrt er die Erstattung des Reisepreises in Höhe von 2.446,- EUR.

Die Entscheidung

Allerdings zu Unrecht, wie das Gericht entschied. "Es fehlt der so genannte Zurechnungszusammenhang zwischen dem Tun des Beschuldigten und den Herzbeschwerden des verhinderten Urlaubers", erklärt Rechtsanwalt Tim Vlachos von der Deutschen Anwaltshotline. Der zwar unvorsichtig Handelnde musste nach der allgemeinen Alltagserfahrung nicht damit rechnen, dass sich ein Mitreisender über die knapp sechsstündige Verspätung so aufregen kann, dass er fluguntauglich wird.

Aus dem Urteil: [...] Im Sinne der Äquivalenztheorie (Gleichwertigkeit aller in Betracht kommender Ursachen) war zwar das Handeln des Beklagten für die Aufregung des Klägers kausal, aber bereits bei der die Haftung begrenzenden Adäquanzbetrachtung ist problematisch, ob im Alltag ein unvorsichtig Handelnder damit rechnen muss, dass allein das Handeln des Beklagten und das Betroffensein des Klägers als Mitreisender, hier: Verzögerung des Fluges um 5 ½ Stunden, nach der allgemeinen Lebenserfahrung nahe legt, dass ein Mensch sich über diesen Vorgang so aufregt, dass er fluguntauglich wird.[...]

Tatsächlich gelte für alle Fluggäste das Verbot, am Auslösungsmechanismus des Notausstiegs ohne Not herum zu manipulieren. Doch das soll und kann offenbar einen unter einem labilen Gesundheitszustand leidenden Mitreisenden nicht davor bewahren, sich darüber übermäßig aufzuregen und schließlich Herzbeschwerden zu erleiden.

Aus dem Urteil: [...] Würde das Gericht die von dem Kläger gewünschte Haftung bejahen, würde die dem deutschen Schadensrecht eigene Begrenzung der erstattungsfähigen Schäden aufgebrochen, die Haftung jedes Einzelnen bei fahrlässigem Handeln in Alltagssituationen würde ins Unermessliche steigen.[...]

Mitunter war die Klage auch unschlüssig und musste abgewiesen werden.

Gericht:
AG Nürtingen, Urteil vom 24.1.2011, 11 C 2077/10

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