Ein Rechtsanwalt versuchte einen fristgebundenen Schriftsatz per Telefax an das Gericht zu senden. Das Faxgerät war allerdings dauernd belegt und der Anwalt ging von einer Störung aus. Nach über 54 Übermittlungsversuche gab der Anwalt gegen 20:00 Uhr auf. Zu früh, so der BGH in seinem Beschluss.
Der Sachverhalt
Es war der letzte Tag für die Berufungsbegründung. Der Rechtsanwalt der Klägerin war jedoch noch nicht soweit und versuchte eine Verlängerung zu beantragen. An diesem Tag versuchte er in der Zeit von 15.43 Uhr bis 19.22 Uhr den Schriftsatz an das Gericht zu übermitteln.
Allerdings habe dessen Faxgerät dauernd die Rückmeldung "besetzt" angezeigt. Insgesamt habe es mehr als 54 Übermittlungsversuche gegeben. Weitere Versuche bis 23.59 Uhr könnten nicht verlangt werden. Auch eine telefonische Kontaktaufnahme ab etwa 17.00 Uhr sei nicht möglich gewesen. Das Telefax sei dann erst am nächsten Tag bei Gericht eingegangenen. Zu spät, so das Gericht.
Die Entscheidung des BGH
Scheitert die Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes an der temporären Belegung oder Störung des Telefaxempfangsgeräts des Gerichts, darf der Prozessbevollmächtigte der Partei nicht ohne Weiteres mehrere Stunden vor Ablauf des letzten Tages der Frist - vorliegend bereits gegen 20.00 Uhr - zusätzliche Übermittlungsversuche einstellen (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 04.11.2014 - II ZB 25/13).
Das Wiedereinsetzungsbegehren hatte also keinen Erfolg. Ein der Klägerin gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten liege in der vorschnellen Aufgabe, den Fristverlängerungsantrag an das Berufungsgericht per Telefax zu übermitteln.
Belegtes Faxgerät ist keine Störung
Die Belegung des Telefaxgerätes durch andere eingehende Sendungen stelle keine technische Störung dar und sei somit grundsätzlich nicht als Wiedereinsetzungsgrund zu qualifizieren. Zwar sei der Klägerin zuzugestehen, dass das Faxgerät des Berufungsgerichts am Nachmittag über längere Zeit wegen eines über 200 Seiten starken Schriftsatzes zeitweise belegt gewesen sei.
Aus der eingeholten Übersicht über die eingegangenen Faxschreiben ergebe sich jedoch, dass das Faxgerät des Berufungsgerichts über den ganzen Tag betriebsbereit gewesen sei. Es seien noch nach 19.00 Uhr, zuletzt um 20.48 Uhr, Faxschreiben eingegangen.
Rechtsanwalt hat vorschnell aufgegeben
Der Klägervertreter habe mit seinen Übermittlungsversuchen daher nicht bereits um 20.00 Uhr aufhören dürfen, sondern hätte in Rechnung stellen müssen, dass deren bisheriges Scheitern auf einer erhöhten Beanspruchung des Faxanschlusses während der üblichen Bürozeiten beruht habe. Das Unterlassen weiterer Übertragungsversuche im verbleibenden Zeitraum von fast vier Stunden begründe ein der Wiedereinsetzung in die Frist zur Begründung der Berufung entgegenstehendes Verschulden.
Gericht:
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.08.2019 - VIII ZB 19/18
Bundesgerichtshof
Rechtsindex - Recht & Urteile
Ähnliche Urteile:
Der Rechtsanwalt genügt seiner Pflicht zur wirksamen Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze nur dann, wenn er seine Angestellten anweist, nach einer Übermittlung per Telefax anhand des Sendeprotokolls zu überprüfen, ob der Schriftsatz vollständig und an das richtige Gericht übermittelt worden ist. Urteil lesen
Der von einem Rechtsanwalt öffentlich oder in Schriftsätzen einem anderen Rechtsanwalt gegenüber erhobene Vorwurf des Prozessbetrugs stellt eine unlautere (§ 4 Nr. 7 UWG) Herabsetzung eines Mitbewerbers dar, wenn dies ohne konkreten Bezug zum weiteren Inhalt der Gesamtäußerung steht. Urteil lesen
Eine Prozesspartei darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass im Bundesgebiet werktags aufgegebene Postsendungen am folgenden Werktag ausgeliefert werden. Schriftsätze müssen nicht zusätzlich per Telefax an das Gericht übersendet werden. Urteil lesen
Auch wenn ein Rechtsanwalt am letzten Tag der gesetzten Frist ein Fax um 23:59 Uhr sendet, dieses aber in vollem Umfang erst frühestens um 0:00 Uhr das Gericht erreicht, ist das Schreiben nicht fristgerecht bei Gericht eingegangen. Urteil lesen