Die klagenden Autokäufer hatten jeweils einen Audi-PKW bei dem beklagten Vertragshändler erworben und unter Bezugnahme auf den sog. VW-Abgasskandal den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt. Die 2. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld hat die Rücktritte der Kläger für wirksam erachtet.

Aus den Entscheidungsgründen

Zur Begründung hob die 2. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld darauf ab, es sei den klagenden Kunden nicht zumutbar, dem Vertragshändler die in solchen Fällen im Gesetz grundsätzlich vorgeschriebene Möglichkeit einer Nacherfüllung einzuräumen. Zum Zeitpunkt des Rücktritts, auf den es insoweit entscheidend ankomme, sei noch nicht klar gewesen, ob die geänderte Software zur Motorsteuerung vom Kraftfahrtbundesamt genehmigt werde, wann dies geschehe und wann die Fahrzeuge der Kläger nachgerüstet würden.

Verbleibender Mangelverdacht

Hinzu komme, dass trotz einer entsprechenden Ankündigung des VW-Konzerns, die Fahrzeuge erfolgreich nachrüsten zu können, ein berechtigter Mangelverdacht verbleibe. Dieser Verdacht beruhe auf der Überlegung, warum der Hersteller nicht schon bei der Entwicklung der Motoren zur Erstellung einer entsprechenden Software in der Lage gewesen sei bzw. warum der Hersteller nicht schon viel früher, nämlich schon weit vor Bekanntwerden des Abgasskandals, die Entwicklung der jetzt in Aussicht gestellten Software unternommen habe.

Verbesserung nur unter Inkaufnahme anderer Mängel

Außerdem gebe es bekanntermaßen einen Zielkonflikt zwischen günstigen Stickoxidwerten und günstigen Kohlendioxidwerten, so dass bei den Klägern als betroffenen Kunden der berechtigte Verdacht verbleibe, eine Verbesserung der Stickoxidwerte werde nur unter Inkaufnahme anderer Mängel bzw. Nachteile möglich.

Vertragshändler müsse hinnehmen, dass der Kunde eine Nachbesserung durch den arglistigen Hersteller ablehne

Eine Nachbesserung durch den beklagten Vertragshändler sei den klagenden Kunden auch nicht deshalb zumutbar, weil nicht der Händler über die Abgasreinigung der Fahrzeuge getäuscht habe, sondern vielmehr die Firma Audi bzw. der VW-Konzern. Die Kläger müssten es nicht hinnehmen, dass faktisch derjenige als Erfüllungsgehilfe der Verkäuferin den Mangel beseitige, der die arglistige Täuschung begangen habe. Denn auch wenn der Vertragshändler die Software aufspiele, werde die wesentliche Arbeit zur Nachbesserung vom VW-Konzern geleistet, der die neue Software zur Motorsteuerung entwickle. Der Vertragshändler, der beim Verkauf vom guten Ruf des Herstellers profitiere, müsse im Fall des erheblichen Ansehensverlustes hinnehmen, dass der Kunde eine Nachbesserung durch den arglistigen Hersteller ablehne.

Aus den genannten Gründen sei der Mangel der Fahrzeuge trotz möglicherweise nur geringer Nachbesserungskosten auch nicht als unerheblich anzusehen. Eine Minderung des Kaufpreises als Alternative zum Rücktritt scheide im Übrigen faktisch aus, weil die betroffenen Fahrzeuge ohne eine Nachrüstung von den Zulassungsämtern stillgelegt würden.

Autohaus muss Fahrzeuge zurücknehmen

Das beklagte Autohaus wird dazu verurteilt, die betreffenden Fahrzeuge zurückzunehmen und im Gegenzug den Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer an die jeweiligen Kläger zurückzuzahlen.

Gericht:
Landgericht Krefeld, Urteil vom 14.09.2016 - 2 O 72/16 und 2 O 83/16

LG Krefeld
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