Der Sachverhalt
Die Klägerin und die Beklagte befanden sich als Kundinnen in einem Supermarkt. Die Beklagte machte beim Abbiegen von einem Haupt- in einen Seitengang einen Schritt rückwärts, ohne sich zuvor umzusehen.
Nach ihren Angaben wollte sie eine ihr entgegen kommende Verkäuferin mit einer sog. Ameise nebst einer Palette vorbeilassen. Durch den Rückwärtschritt kam es zum Zusammenstoß mit der Klägerin, die aus einem Seitengang kommend die Beklagte an der Seite ihres Rückens passieren wollte.
Die Klägerin stürzte und zog sich den Bruch ihres Ellenbogens zu, der operativ versorgt werden musste. Im vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin von der Beklagten - nach vorgerichtlich gezahlten 2.800 Euro - weiteren Schadensersatz verlangt, unter anderem ein weiteres Schmerzensgeld von 9.700 Euro und die Feststellung der Ersatzpflicht für künftige Schäden.
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm
Nach Urteil des Oberlandesgerichts Hamm (Az. 6 U 203/15) war die Schadensersatzklage im Hinblick auf den Feststellungsantrag teilweise erfolgreich.
Die Beklagte ist der Klägerin gem. § 823 Abs. 1 BGB dem Grunde nach zum Schadensersatz verpflichtet, weil sie durch ein schuldhaftes Verhalten eine Körperverletzung der Klägerin herbeigeführt hat.
Rückwärtsgehen der Beklagten ohne Umschau
Sie Beklagte sei aus dem Hauptgang des Supermarktes zunächst in Richtung eines Seitenganges abgebogen, habe dann ein Schritt zurückgemacht, ohne sich zuvor umzusehen, und habe dabei die Klägerin angestoßen, die hierdurch gestürzt sei.
Dabei habe die Beklagte schuldhaft gehandelt und sich nicht lediglich sozialadäquat verhalten. Wegen der in einem Supermarkt bestehenden Kollisionsgefahr mit anderen Kunden oder von diesen benutzten Einkaufswagen bewege sich ein verständiger Kunde im eigenen Interesse nicht rückwärts von einem Regal in den Gang zurück, ohne sich zuvor umzuschauen. Jedenfalls müsse ein Besucher, der sich rückwärts in die Verkaufsgänge zurückbewege, mit Hindernissen verschiedenster Art rechnen, weil diese dem Treiben im Supermarkt immanent seien. Auf diese habe sich der Kunde einrichten, was die Beklagte versäumt habe.
Mitverschulden der Klägerin
Die Klägerin trifft jedoch ein Mitverschulden von 50 %, weil sie ebenso wie die Beklagte zur Kollision beigetragen hat. Sie habe ihrerseits nicht auf die Bewegungen der sich in ihrer Nähe bewegenden Beklagten geachtet, als sie diese passiert habe. Hierdurch habe sie ebenso wie die Beklagte gegen die beschriebenen Sorgfaltspflichten eines Kunden beim Besuch eines Supermarkts verstoßen.
Unter Berücksichtigung des Mitverschuldens und der im Prozess bewiesenen Verletzungsfolgen stehe der Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.500 Euro sowie ein Haushaltsführungsschaden von 500 Euro zu. Da sie vorgerichtlich bereits einen höheren Geldbetrag erhalten habe, sei ihr kein weiterer Zahlungsbetrag zuzusprechen. Deswegen sei lediglich der Feststellungsantrag (teilweise) erfolgreich.
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 06.06.2016 - 6 U 203/15
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