Eine Hebamme und Verfechterin der Hausgeburt wurde zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten wegen Totschlags durch Unterlassen verurteilt. Hätte sie noch vor der Geburt die Verlegung der Kindsmutter in ein Krankenhaus veranlasst, so wäre das Kind durch einen Kaiserschnitt lebend und gesund geboren worden.

Der Sachverhalt

Obwohl die Eltern deutlich gemacht hatten, trotz der gewünschten außerklinischen Geburt kein Risiko für das Kind eingehen zu wollen und bei Komplikationen auch mit einem Kaiserschnitt einverstanden zu sein, riet die angeklagte Hebamme unter Verharmlosung der Geburtsrisiken uneingeschränkt zu einer Hausgeburt.

Diese erfolgte schließlich in einem Hotelzimmer in der Nähe der Praxis der Angeklagten. Obwohl die Angeklagte von der Kindsmutter eine Stunde nach dem Fruchtblasensprung vom Beginn der Geburt benachrichtigt worden war, suchte sie die Eltern erst auf, als die Wehen bereits fast 12 Stunden andauerten.

Als sich die Geburt auch nach dem Eintreffen der Angeklagten weiterhin verzögerte und es zum Geburtsstillstand kam, weshalb sich die Gefahr einer lebensgefährlichen Sauerstoffmangelversorgung des Kindes stetig vergrößerte, veranlasste die Angeklagte in Kenntnis der Gefahr für das Leben des Kindes nicht die Beendigung der außerklinischen Geburt und die Verlegung in ein nahe gelegenes Krankenhaus.

Das Kind wurde nach einem insgesamt 18-stündigem Geburtsvorgang schließlich aufgrund Sauerstoffmangels unter der Geburt sterbend geboren und verstarb kurz nach der Geburt.

Verurteilung durch das Landgericht Dortmund

Das Landgericht Dortmund, Az. 37 Ks 3/11 (161 Js 173/08) hatte die Angeklagte wegen Totschlags (durch Unterlassen) zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt, gegen sie ein lebenslanges Berufsverbot als Ärztin und Hebamme verhängt und eine Adhäsionsentscheidung zu Gunsten der Eltern des Tatopfers getroffen. Gegen dieses Urteil wendete sich die Angeklagte mit ihrer Revision, mit der sie Verfahrensfehler und sachlich-rechtliche Mängel des Urteils geltend machte.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat das Rechtsmittel der Angeklagten als unbegründet verworfen. Das Urteil des Landgerichts Dortmund ist damit rechtskräftig.

Gericht:
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11.05.2016 - 4 StR 428/15

BGH, PM 103/2016
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