Das Amtsgericht Mannheim hat die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht auf rechtliches Gehör aus Art. 2 Abs. 1 LV in Verbindung mit Art. 103 Abs. 1 GG verletzt, indem es ihre Klage abgewiesen habe, ohne zuvor den angebotenen Beweis zu erheben.

Der Sachverhalt

In dem Ausgangsverfahren hatten die Beschwerdeführer einen Zahlungsanspruch geltend gemacht und sich zum Beweis ihrer Aktivlegitimation auf die Einholung einer amtlichen Auskunft des Nachlassgerichtes berufen. Das Amtsgericht hatte die Klage im schriftlichen Verfahren nach § 495a ZPO wegen fehlender Aktivlegitimation abgewiesen.

Das Amtsgericht begründet die Klageabweisung in dem angegriffenen Urteil damit, dass die Beschwerdeführer für die Aktivlegitimation des Klägers zu 2 keinen Beweis angetreten hätten. Insbesondere hätten sie keine Auskunft des Nachlassgerichtes vorgelegt. Es sei nicht Sache des Gerichts, über die Berechtigung eines Klägers zur Geltendmachung eines Anspruchs von Amts wegen Auskünfte einzuholen. In der Entscheidung über die Anhörungsrüge führt das Amtsgericht aus, die Einholung amtlicher Auskünfte sei in der Zivilprozessordnung als Mittel des Strengbeweises nicht vorgesehen, so dass kein zulässiges Beweisangebot vorgelegen habe. Die beweismäßige Verwertung von Aktenbestandteilen unterliege den allgemeinen Grundsätzen des Urkundenbeweises. Gemäß § 420 ZPO erfolge der Beweisantritt durch Vorlegung der Urkunde durch den Beweisführer.

Auf die daraufhin eingelegte Verfassungsbeschwerde hat der Staatsgerichtshof das angegriffene Urteil aufgehoben und die Sache an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Aus den Urteilsgründen des Staatsgerichtshof

Das Gericht habe die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht auf rechtliches Gehör aus Art. 2 Abs. 1 LV in Verbindung mit Art. 103 Abs. 1 GG verletzt, indem es ihre Klage abgewiesen habe, ohne zuvor den angebotenen Beweis zu erheben. Es seien keine formell- oder materiellrechtlichen Gründe ersichtlich, die die Nichtberücksichtigung des Beweisangebots hätten rechtfertigen können.

Aus dem Urteil: Das Amtsgericht geht zunächst fehl in der Annahme, allein auf Beweismittel des Strengbeweises zurückgreifen zu dürfen. Da es das Verfahren nach § 495a ZPO angeordnet hatte, konnte das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen bestimmen und damit auch frei Beweis erheben. Unabhängig davon stellt die Einholung von amtlichen Auskünften entgegen der Rechtsauffassung des Amtsgerichts nach allgemeiner Ansicht ein eigenständiges Beweismittel dar. Zwar steht sie den fünf allgemeinen Beweismitteln nicht gleich, in ihrer Anwendung geht sie aber über den Bereich des Freibeweises hinaus. Sie kommt insbesondere in Betracht, wenn es um die Wiedergabe amtlicher Bücher oder Register geht. In der Zivilprozessordnung findet sie Erwähnung in § 273 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und in § 358a Nr. 2 ZPO, ist aber darüber hinaus nicht näher geregelt.

Aus dem Urteil: Anders als das Amtsgericht in dem angefochtenen Urteil ausführt, waren die Beschwerdeführer auch nicht dazu verpflichtet, die amtliche Auskunft selbst vorzulegen. Hätte das Amtsgericht die Auskunft eingeholt, hätte darin entgegen der Rechtsansicht des Amtsgerichts insbesondere keine unzulässige Beweiserhebung von Amts wegen gelegen. Mit einer solchen Beweiserhebung hätte das Amtsgericht vielmehr einem Antrag der Beschwerdeführer und damit der beweisbelasteten Partei entsprochen.

Gericht:
Staatsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 23.03.2015 - 1 VB 2/15

Staatsgerichtshof Ba-Wü, PM
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