Der Sachverhalt
Der Kläger kaufte einen PKW Opel Tigra zum Preis von 2.800,- EUR. Aufgrund einer Internet-Anzeige war der Kläger auf das Fahrzeug des Verkäufers aufmerksam geworden, in der dieses als "unfallfrei" angeboten worden war. Im Kaufvertrag war unter "Ausstattung" am Ende ausgeführt: "Seitenwand hinten links nachlackiert". Die Sachmängelhaftung des Verkäufers war auf ein Jahr beschränkt.
Als der Kläger das Auto rund 16 Monate später dem TÜV vorführte, wurde ihm dort mitgeteilt, dass ein schwerwiegender Unfallschaden hinten links vorliege. Der Kläger behauptet, dass diese Mängel bei Übergabe des Fahrzeugs vorgelegen hätten. Der Beklagte habe bei Kaufvertragsschluss gesagt, es sei "alles eingetragen und in Ordnung"
Der Autoverkäufer berief sich auf die Einrede der Verjährung, weil der Kläger die Mängel erst deutlich später als ein Jahr nach Kaufvertragsschluss geltend gemacht habe. Der Verkäufer vertritt die Ansicht, aus der Internetanzeige könne der Kläger keine Rechte herleiten, weil dort ausdrücklich zu lesen sei, dass Irrtümer, Eingabefehler und Zwischenverkauf vorbehalten blieben. Zudem habe er im Kaufvertrag unter "Ausstattung" richtig gestellt, dass die Seitenwand hinten links nachlackiert worden sei.
Das Urteil des Landgerichts Heidelberg (1 S 22/13)
Nach Urteil des Landgerichts Heidelberg (1 S 22/13), hat der Kläger gegen den Verkäufer einen Anspruch auf Rückzahlung. Der von dem Kläger erworbene PKW wies zum Zeitpunkt der Übergabe einen Sachmangel auf, weil ein Unfallschaden vorlag.
Der Verkäufer hat seine Gewährleistungspflicht im Kaufvertrag zwar grundsätzlich wirksam auf ein Jahr beschränkt (§ 475 Abs. 2 BGB). Gemäß § 438 Abs. 3 BGB geltend jedoch die regelmäßigen Verjährungsfristen, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat. Dies war hier der Fall.
Zum arglistigen Handeln des Autoverkäufers
Arglist setzt kein zielgerichtetes oder verwerfliches Verhalten voraus. Es genügt, wenn der Verkäufer ins Blaue hinein Angaben gegenüber dem Käufer macht, die sich später als falsch herausstellen. Der Verkäufer hat das Fahrzeug in der Internetanzeige als unfallfrei beworben. Dies mag, wenn man den Ausführungen des Verkäufers zur Häufigkeit und Fehleranfälligkeit von Internetanzeigen folgt, eine versehentliche Falschangabe gewesen sein.
Wenn der Verkäufer jedoch auf dieses ihm als fehleranfällig bekannte Medium zur Platzierung von Anzeigen zurückgreift, gibt er seine Angaben ins Blaue hinein, nämlich ohne genaue Prüfung, ab. Dies genügt für die Annahme von Arglist. Aufgrund der Anzeige war also bei Vertragsschluss klar, dass der Kläger mit der von dem Verkäufer hervorgerufenen Vorstellung in die Kaufvertragsverhandlungen ging, dass es sich um ein Fahrzeug handelte, das noch keine größeren Schäden erlitten hatte.
Der Verkäufer wäre nunmehr verpflichtet gewesen, seine fehlerhaften Angaben in der Verkaufsanzeige in den Kauvertragsverhandlungen zu korrigieren. Dies hat er nicht getan. Die Angabe „Seitenwand hinten nachlackiert“ ist keine ordnungsgemäße Korrektur. Der Käufer, der mit der Vorstellung eines unfallfreien Fahrzeugs in die Kaufvertragsverhandlungen geht, wird bei einer solchen Angabe aber davon ausgehen, dass es sich bei den nachlackierten Stellen um die Überlackierung von Bagatellschäden handelt.
Damit handelte der Verkäufer arglistig, so dass nicht die im Kaufvertrag vereinbarte einjährige Verjährungsfrist gilt, sondern die Regelverjährungsfrist, die drei Jahre beträgt und zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht abgelaufen war.
Gericht:
Landgericht Heidelberg, Urteil vom 28.01.2015 - 1 S 22/13
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