Der Sachverhalt
Der Kläger, ein Rechtsanwalt, behauptet, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) entworfen zu haben, die der Beklagte für seinen Onlineshop verwendet. Diese allgemeinen Geschäftsbedingungen habe er selbst erstellt, so der Rechtsanwalt. Er begehrt u.a. Schadensersatz i.H.v. 1200,-- Euro wegen einer Urheberrechtsverletzung.
Das Urteil des Amtsgerichts Kassel (Az. 410 C 5684/13)
Der Rechtsanwalt hat bereits seine Urhebereigenschaft nicht schlüssig dargetan. Urheber ist derjenige, der im Wege eines Realaktes ein Werk schöpft. Gerade bei einem Text wird dies typischerweise nicht auf einer Handlung zu fixieren sein, sondern der Text wird typischerweise das Ergebnis eines längeren Überlegungs- und Formulierungsprozesses sein. Bei urheberschutzfähigen Texten eines Rechtsanwaltes im Rahmen seiner Berufsausübung wird man genauso typischerweise jedoch eine Einschränkung dahingehend machen müssen, dass diese durch einen konkreten Anlass bedingt sind, mithin durch ein konkret erteiltes Mandat. Dadurch lässt sich jedenfalls die Entstehung des juristischen Textes eines Rechtsanwaltes näher eingrenzen nach Beginn der Arbeiten, Abschluss der Arbeiten und im Hinblick auf den Auftraggeber für diesen Text.
Im Hinblick auf die hier vom Rechtsanwalt als streitgegenständlich bezeichneten allgemeinen Geschäftsbedingungen hat er jedoch nicht dargetan, wie er diese geschaffen hat. Dies hätte er jedoch deswegen machen müssen, weil Allgemeine Geschäftsbedingungen nicht durchweg als individuelle geistige Schöpfung eines einzelnen Juristen angesehen werden können.
Wie aus dem Urteil des AG Kassel (Az. 410 C 5684/13) hervorgeht, sind allgemeine Geschäftsbedingungen u.a. in ihrer Entstehung dadurch besonderer Art, weil sie sich auf vorveröffentlichte einschlägige Sammlungen in Formularbüchern oder vergleichbaren Publikationen zurückführen lassen oder aus konkreten veröffentlichten und damit jedenfalls der Fachwelt allgemein zugänglichen Aufsätzen und Rechtsprechungsentscheidungen entnommen sind. Dies kann sogar so weit gehen, dass selbst die Kompilation bzw. Kombination von einzelnen AGB-Klauseln zu einem Gesamtwerk komplett einer solchen Veröffentlichung entnommen werden kann.
Detaillierten Darlegung in welchem Umfang eigene Neuformulierungen Eingang gefunden haben
Um die spezifische eigene schöpferische Leistung erfassen zu können, bedarf es mithin der detaillierten Darlegung, in welchem Umfang derartige Vorlagen eingesetzt wurden und in welchem Umfang alternativ eigene Neuformulierungen Eingang gefunden haben bzw. Zusammenstellung vorformulierter Teile der Texte vorgenommen wurde. Dabei spielten naturgemäß auch eine Rolle, für welche Art von Geschäftsbetrieb sowohl hinsichtlich der Vertriebswege als auch der vertriebenen Produkte und/oder Dienstleistungen ein solches Klauselwerk entworfen bzw. zusammengestellt ist. Erst dann lässt sich beurteilen, ob ein urheberrechtsschutzfähiges Werk überhaupt entstanden ist.Gericht:
Amtsgericht Kassel, Urteil vom 05.02.2015 - 410 C 5684/13
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